Chrom, Rost, Bilder
Und zwar genau in der Reihenfolge.
Rost ist für alle Gift. Vor allem für Autos, die am Straßenverkehr teilnehmen sollen.
Heute möchte ich euch zwei Schraubertage zeigen. Und eine Großbaustelle, die sich auftat und inzwischen abgearbeitet ist.
Wir schreiben Dienstag, der 05.03.2014 – Schraubertag Nummer 38.
Da wurde nicht viel gemacht. Elsa hatte (hat) Probleme mit den hinteren Bremsen, die sich nicht zerlegen lassen wollen. Um ein wenig besser drehen zu können, und um die Hebenwirkung nutzen zu können, habe ich ein Rad wieder an Elsa geschraubt. (Ein Rad gehört ja zu den „einfachen Maschinen“ – aber nur, wenn es eine Achse besitzt, ansonsten ist ein Rad unnütz. Es funktioniert praktisch wie ganz viele Hebel nacheinander, hat aber mehrere Widerstände, die es „überwinden“ muss. Die ältesten Nachweise auf die Existenz eines Rades sind aus dem vierten Jahrtausend vor Christus – Physikprofil, merkt ihr das?) Gebracht hat mir diese Information, die ich vor zwei Jahren meinen Klassenkameraden präsentieren durfte, allerdings nicht so viel. Die Bremsen werden nun mit Rostlöser inklusive Kältemittel versorgt. So ein 2in1-Dings, was man sonst nur von Shampoos kennt.
Zumindest habe ich dann nochmal angefangen den Kühlergrillrahmen polieren. Mit dem Grill zufrieden – patiniert, relativ günstig und trotzdem gut erhalten. Von innen sogar schon mit Rostschutz behandelt. Wenn ich ihn noch ein wenig poliere, dann glänzt er noch einen Ticken mehr – und dann werde ich den Grill zusammenbauen. Dann habe ich erst einmal wieder etwas fertig.
Und dann wurde die nächste Großbaustelle gefunden!
Hinter einer Rostblase kann ein richtiges Rostmeer wüten. Und genau das haben wir auch bei Elsa gefunden .
Das Radhaus haben wir ja schon vor ein paar Wochen teilweise herausgesägt – und ein Stück wurde auch schon neu eingeschweißt. Dann wollte Papa an den Holm, um ihn von innen zu entrosten – und siehe da? Bis zu drei Blechschichten und durchgerostet. Na, da haben wir ja sogar mal tragenden Rost – das ist natürlich schei…ähm *räusper* unschön. Sollte ich wirklich mal einen e-Mail an Volvo Deutschland schreiben? Vielleicht bieten sie darauf noch Garantie, dass mein Auto nach 57 Jahren schon so stark verrostet ist. Flugrost hätte ich ja noch verstanden…. Wie die wohl auf so eine e-Mail reagieren? Ist natürlich nicht ernst gemeint.
Der Schweller ist übrigens wohl mit Schutzgas übergeschweißt worden. Davon sind noch Drähte zu sehen. Einige sagen ja „In Rust we trust“ – I don’t trust in rust . Gerade nicht, wenn er eine tragende Rolle übernehmen soll. Ist ja schließlich ein wenig faul, der Rost…
Aber was hilft Jammern. Auch Rost kann schön sein.
Fotos von Elsa im Frühling. Kein Schraubertag.
Aber so ganz will man die alte, schwedische Dame ja doch nicht ignorieren. Während einer kleinen Lernpause, schnappte ich mir meine alte Kamera und ging zu Elsa. Durch die kleinen, alten Stallfenster von 1870, die früher wirklich in einem Stall verbaut waren – also, bevor meine Eltern ihn abrissen, um am Haus anzubauen – scheint die Sonne immer so schön. Vor allem durch die Scheibe, die bei einem der Stürme gelitten hat und nun mit Gaffa-Tape repariert wurde.
Wann kann man eigentlich bei einer Restauration von der Halbzeit reden? Ob Elsa schon bei der Hälfte ist? Nein, das ist sie noch nicht. Dazu muss noch zu viel geschweißt werden. Sie hat in all den Jahren schon einige Male Schweißgeräte gesehen – leider nicht ganz so professionelle. Da ist schon ziemlich viel Pfusch dran. Aber sie war bestimmt auch nur ein „altes Auto“. Ganz ehrlich, wer würde sich heute beim Schweißen eines Volvo 440 Mühe geben? Oder ihn überhaupt schweißen? Die meisten werden entweder über den TÜV gebraten oder einfach weggeschmissen. Nach 57 Jahren scheint nun die Sonne durch die Rostlöcher im Radhaus, die bald nicht mehr da sein werden. Ob die Erstbesitzer noch leben? Und was hat Elsa in der Zwischenzeit alles gemacht? Auf jeden Fall ist es wohl der erste Frühling für sie nach 14 Jahren Standzeit in einer feuchten Scheune in Dänemark. Ob sie sich auch wohl fühlt? Ich hoffe, sie entwickelt sich nicht zu einer „Christine“ und macht mir nachher Ärger . Das wäre nicht fair von ihr. Aber sie ist ja aus Skandinavien – da sollen die Menschen oft netter und fröhlicher sein. Und nicht so verbittert, wie es hier in Deutschland oft vorkommt.
Meinst du, Elsa, dass wir das schaffen, dich bis zum nächsten Frühling wieder fahrbereit zu bekommen? Dann könnten wir beide mal durch unsere platte Gegend fahren. Bis jetzt haben wir ja doch schon recht viel geschafft. Ich bin wirklich zufrieden mit unserem Fortschritt. Auch, wenn die nächsten Schweißarbeiten vielleicht ein wenig komplizierter werden – das wird schon klappen. Man muss sich nur etwas zutrauen, dann klappt das auch. Und wenn nicht? Alle guten Dinge sind mindestens drei, sagt man doch.
Heute, als ich mit unserem Henkelmännchen durch die Gegend gefahren bin – so ganz ohne Servolenkung – habe ich an Elsa denken müssen. Wie das wohl sein wird, sie ohne Servo durch die Gegend zu lenken? Mit dem dünnen Lenkrad? Ich glaube, dass es alles andere, als einfach wird. Aber das ist für einen wie mich, der so aussieht als hätte er bis auf Haut und Knochen alles auf dem Schwarzmarkt verkauft, vielleicht gar nicht mal so schlecht. Einhundert Kilometer Elsa fahren = zwei Stunden Fitnessstudio? Das müsste man mal ausrechnen. Eigentlich sind wir mit unseren heutigen Autos ganz schön verwöhnt. Ich sitze im Alltag auf Ledersitzen, die sogar beheizbar sind (aber nicht sein müssen, meiner Meinung nach), lenke mit Servo 1.4 Tonnen durch die Gegend und bekomme sogar angenehm kühle Luft ins Gesicht gepustet. Dafür hat Elsa ja Ausstellfenster.
Ob die Ausstellfenster über die Jahre hinweg auch schon viele Köpfe gekühlt haben? Vielleicht war Elsa ja sogar schon mal in Italien, zum Urlaub machen. Da war es bestimmt warm – aber ich denke, dass Elsa ihre Passagiere gut in den Urlaub gebracht hat.
So, wie Elsa nun da steht, habe ich bis jetzt – mit Transport, Werkzeug, Schutzgas, Anschaffung, Ersatzteilen und Pflastern fast 2100€ gezahlt. Es wird noch einiges dazu kommen – aber ich finde, dass es geht – alleine, weil ich die Anschaffung mit Transport schon fast 1600€ gekostet hat. Und es ist ja schon einiges passiert. Mit weniger Geld wäre ich vielleicht ausgekommen, wenn es ein Golf 1 gewesen wäre, oder ein Käfer, wo es Teile wie Sand am Meer gibt. Aber nein – ich habe mir ein Auto aus den Fünfzigern gesucht, was damals in Deutschland schon selten war, wo die Ersatzteile für moderne Autos noch teuer sind, was total vergammelt ist und über vierzehn Jahre in einer Scheune herumstand. Hinzu kommt noch, dass es einige Ersatzteile einfach nicht mehr gibt. Bereue ich es, die bis jetzt 2100€ in Elsa gesteckt zu haben? Nein. Ich schätze eine ungefähre Hausnummer, die ich ausgegeben haben werde, wenn Elsa fertig ist. Vielleicht wird es für das Geld schon fahrbereite Autos geben. Aber ich kenne Elsa dann wenigstens in- und auswendig und kann sagen, wenn sich einer auf einem Treffen über einen Rostfleck auf der Haube aufregt: „Das ist Rost? Wo? Also ich seh da nur Effektlack. Rost sieht für mich anders aus „.
Außerdem – habt ihr schon mal nachgerechnet, was ein Plastik-SUV im ersten Jahr an Wert verliert? Und der ist nicht so hübsch, wie ein Buckel.
Und er ist nicht Elsa.
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