HotDog geht immer.
Glück ist, wenn man Freude teilen kann. Oder, wenn der Freundeskreis größer wird.Lasst mich euch Matthias vorstellen. Und Ole. Heute wird es skandinavisch – volle Kante!
Ich muss ja zugeben. Ich bin ein wenig neidisch auf Matthias.
Wer kann schon von sich behaupten, ein Ferienhaus an einem der schönsten Orte Dänemarks zu haben? Eben. Nicht viele. Aber Matthias ist einer davon. Also manchmal. Wir haben es uns im Wohnzimmer seines Ferienhauses gemütlich gemacht und schauen aus dem Fenster. Direkt vor uns liegt der Hafen von Sønderborg, eine sehr beschauliche Stadt an der Flensburger Förde. Ein paar Segelboote dümpeln leise plätschernd im Hafen, ein kleiner Ausflugdampfer läuft gerade ein. Das Wasser wirkt fast so strahlend blau wie der Himmel. Zahlreiche Touristen laufen über die hölzerne Promenade, die vor einigen Jahren vor den bunten Giebelhäusern direkt am Hafen errichtet wurde. Vor dem mit Backsteinen verklinkertem Schloss findet wohl gerade eine Kunstausstellung statt. Es sind schon mehrere Schulklasse lustlos dort hingelaufen, ab und zu hört man mal eine Kettensäge aufheulen. Es wird wohl geschnitzt. In der Küche klappern auf einmal zwei Tassen und wohl auch die Kaffeemaschine. Doch wir bleiben ganz entspannt. Kein Erdbeben, kein absackendes Fundament. Es können schon einmal Sachen verrutschen, wenn man mit einem Ferienhaus langsam über Kopfsteinpflaster rollt. Was höre ich da? Mit einem Ferienhaus kann man nicht rollen? Kann man schon. Matthias‘ Ferienhaus hat nämlich vier Räder, 110 PS und hört auf den Namen Ole.
Lasst mich euch mal mit Matthias bekannt machen.
Wobei… eigentlich brauche ich das gar nicht. Wer gerne Fernsehen schaut und an alter Technik interessiert ist, wird Matthias bestimmt schon einmal gesehen haben. Mit seinem außergewöhnlichen Hobby hat der sympathische Osnabrücker nämlich schon häufiger Fernsehteams zu sich gezogen. Sein Hobby? Matthias sammelt Staubsauger. „Meistens wird man dann ja ein wenig komisch angeschaut, wenn man das erzählt“, meinte er einmal zu mir. Und muss ganz ehrlich zugeben: Auch wenn ich mich nicht nur für alte Autos interessiere, war ich schon ein wenig überrascht, dass man auch Staubsauger sammeln kann. Mit einem außergewöhnlichen Hobby (und dazu zähle ich jetzt nicht das Beschrauben und Fahren alter Autos) wird man ja meist als etwas sonderbar und freakig eingestuft. Und zuerst, das muss ich zugeben, habe ich auch ähnliche Gedankengänge in meinem Kopf gehabt. Bis mir Matthias Fotos von seiner Sammlung zeigte. Der Gute sitzt natürlich nicht zu Hause alleine zwischen hunderten von Staubsaugern und macht den ganzen Tag nichts anderes, als seine Wohnung sauber zu halten, nein. Matthias betreibt seit zwölf Jahren ein kleines, liebevoll eingerichtetes Staubsaugermuseum. Hier der Link zur Facebook-Seite: KLICK! Schon auf den Bildern sieht man die Leidenschaft, in der Sammlung steckt.
Die Leidenschaft hört bei Matthias aber nicht bei Staubsaugern auf.
Matthias, der hauptberuflich als Raumausstatter arbeitet, hat nämlich noch ein großes Hobby. Er mag alte Autos. Sein ganzer Stolz ist Oskar, ein Opel Rekord Olympia aus dem Jahre 1955, über den ihr hier bestimmt auch noch einmal etwas zu lesen bekommt und den Matthias schon einige Jahre pflegt. Apropos Pflege – uns beiden fiel relativ schnell auf, dass es einige „Paralellen“ zwischen uns gibt. So nehmen wir beide es mit der Wartung unserer Autos sehr genau, bewegen unsere Autos auch sehr materialschonend und fotografieren unsere Schmuckstücke auch gerne in allen möglichen Gegenden. „Ich setze mich abends nach der Arbeit oft mal hinter das Steuer und fahre einfach. Das entspannt mich!“, erzählte mir Matthias einmal, als ich ihn fragte, wie er seine Autos am liebsten genießt. Doch das reichte nicht. Er wollte – genau wie ich – auch einmal mit einem alten Auto auf Reisen gehen. Das PT-Cruiser-Cabriolet für den Alltag war ihm aber nicht alt genug- und mit einem 50er Jahre-Oldtimer wie Oskar kann man im modernen Verkehr nicht mehr unbedingt mitschwimmen. Ein Volvo Kombi sollte es werden.
Und hier kommt Ole ins Spiel.
Eigentlich ist Ole kein Auto. Ole ist ein Ferienhaus. Der perfekte Reisewagen. Matthias hatte zuerst überlegt, sich als Alltagsauto einen Volvo 850 anzuschaffen, doch dann lief ihm Ole über den Weg – und das auch mehr oder weniger zufällig. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Ole nämlich in seinem Heimatland, in Schweden. Der Erstbesitzer – der den Wagen später auch mit nach Deutschland brachte – meinte es all die Jahre gut mit dem Wagen. So bekam der Wagen relativ früh schon eine umfassende Rostversiegelung, was den Schwedenstahl bis heute selbst an typischen Stellen frei von jeglichem Gammel gehalten hat. Auch wurde der Wagen nie wirklich als Kombi benutzt. So war auch der Innenraum schon beim Kauf in sehr gepflegtem Zustand. Als Matthias dann auf der Probefahrt merkte, dass auch noch der technische Zustand stimmte, schlug er sofort zu und kaufte den Wagen vom Erstbesitzer. Ganz ohne Arbeit ist so ein Wagen natürlich nie. Recht schnell nach dem Kauf wechselte Matthias dann auch alle Betriebsstoffe und ließ den Wagen auch einmal richtig einstellen, was dann auch den Verbrauch drastisch zum sinken brachte. Zudem polsterte er den Fahrersitz noch einmal auf, damit auch lange Reisen nicht für Rückenschmerzen sorgen. Und im Kofferraum? Da ist nun ein Bett. Ansonsten wäre es ja kein Ferienhaus.
Fertig zum Reisen.
Seine erste Reise mit Ole sollte nur ein kleiner Roadtrip werden. Matthias wollte erst einmal ausprobieren, wie Ole sich auf langen Strecken schlägt, bevor er mit seiner besseren Hälfte große Touren unternimmt. Als Ziel hatte er sich die Nordsee ausgesucht und fragte mich, ob er nicht einmal Elsa besuchen dürfte. In der Hoffnung, dass er sich plötzlich Hals über Kopf in meinen 124er Mercedes verliebt und mir Ole zum Tausch anbietet (Schließlich wollte ich ja eigentlich einen Volvo 240 kaufen, fand aber kein gutes Exemplar), sagte ich zu. Natürlich freue ich mich auch immer, die Leute hinter den Kommentaren und Nachrichten kennenzulernen. Und so kam es dann, dass Matthias an einem schönen, sonnigen Sommertag mit Ole auf unseren Hof gerollt kamen. Schon bei der Begrüßung fand ich ihn sofort sympathisch. Ein Mann mit dem Herz am richtigen Fleck, mit Leidenschaft und Neugierde im Blut und Humor auf der Zunge. Bei Leserbesuchen wurde ich bisher noch nie enttäuscht. Das liegt sicherlich an den alten Autos. Und auch Ole begeisterte mich auf den ersten Blick.
Und das wurde noch schlimmer, als Matthias mich auf einmal hinter das Steuer setzte. Wenn man Leuten das Wort „Volvo“ vor den Kopf knallt, haben die meisten Menschen wohl gleich das Bild eines dieser von Jan Willsgaard sehr kantig entworfenen Modelle vor Augen. Aber wie die Autos fahren, weiß kaum einer. Und man kann es auch nicht wirklich beschreiben. Vorne unter der Haube faucht der rot gefärbte Vierzylinder nach dem Start, der das ganze Auto wackeln lässt. Das Getriebe schaltet sich toll, aber auch nicht wirklich knackig. Das Fahrwerk ist nicht zu schaukelig, aber auch nicht hart. Die Autos sind nicht schnell, aber auch nicht wirklich langsam. Nur ein Volvo fährt wie ein Volvo. Er wirkt von innen nicht so edel wie ein Mercedes, eher pragmatisch wie ein Billy-Regal. Aber nicht ungemütlich. Man braucht schon fast ein Fernglas, um das Ende der Motorhaube zu erkennen. Man hat schon fast Angst sein eigenes Heck am Ende der Haube zu erkennen. Beim Blick in den Rückspiegel ist man sich sicher, dass sich das Heck gerade in einer anderen Zeitzone befindet, als man selbst. Im Innenraum ist mehr Platz als in meiner Wohnung. Mit jedem Kilometer, den ich Ole fuhr, wuchsen auch meine Argumente FÜR einen Tausch „Ole gegen Hein“, aber Matthias blieb standhaft. Leider.
Gegen Elsa hätte Matthias wohl getauscht, aber da konnte ich nicht so ganz einverstanden sein. Es ist lustig, wie fast dreißig Jahre zwischen Elsa und Ole liegen, sich das Konzept von Volvo aber nicht so wirklich drastisch verändert hat. Vorne gibt es einen roten Vierzylinder, dahinter liegt ein Getriebe, das ein paar Gänge dazu gewonnen hat, und dann läuft die Kraft auf die Hinterräder. Was uns beide wirklich erstaunte: Selbst Radstand und Länge der beiden Autos, die ja eigentlich als „Familienvolvos“ zu ihrer Zeit gedacht waren, sind fast identisch. Wobei das Platzangebot und die Raumausnutzung bei Ole natürlich wesentlich besser vollzogen wurden. In Elsa geht es nämlich trotz der Außenmaßen relativ eng zu. Aber eins bieten anscheinend beide: Einen hohen Sympathiebonus. So konnte mir Matthias auch bestätigen: Egal, wo man mit einem alten Volvo vorfährt – anscheinend ist man sofort der Freund aller Menschen. Mit meinem Mercedes passiert das irgendwie nicht. Warum?
Die Flensburger Förde zieht langsam an uns vorbei. Der Motor faucht sonor sein Lied. Die Haube streckt sich massiv in Richtung Horizont. Irgendwo hinter uns liegt Sonderborg, langsam rollen wir wieder zurück in Richtung Grenze. Matthias hat heute Abend noch einen Termin bei seinem Oldtimer-Club und er hat noch einige Stunden Fahrt vor sich. In Dänemark hat er mir das Steuer von Ole in die Hand gedrückt. Ich versuche, das Grinsen zu unterdrücken, doch so richtig funktioniert das nicht. Ich fühle mich einfach pudelwohl. Seit einigen Kilometern philosophiere ich mit Matthias darüber, ob es überhaupt etwas Schöneres gibt, als mit einem Auto langsam durch schöne Landschaften zu cruisen, doch uns fallen nicht viele Alternativen ein. Kurz vor der Grenze biegen wir auf den Parkplatz einer HotDog-Bude. Mein Elch wartet hier seit einiger Zeit geduldig auf uns und hat schon einmal ein paar leckere HotDogs mit roter Farbstoff-Wurst bestellt. Die rutschen sogar zum Frühstück. Ein HotDog ist nie verkehrt, genauso wie ein Volvo Kombi. Wir philosophieren noch ein wenig über zukünftige Roadtrips (Matthias konnte sehr gut im Schlafzimmer von Ole übernachten), über Urlaub und über das Gefühl von Freiheit hinter dem Steuer eines alten Autos.
Kurz darauf trennen uns unsere Wege. Matthias nimmt sein Ferienhaus wieder mit zu sich nach Hause, ist ja auch viel praktischer, wenn man mal spontan auf Reisen gehen will. Entspannt und zufrieden rolle ich mit meinem Elchen wieder in Richtung Nordseeküste. Wieder einmal habe ich jemanden zu den Kommentaren und Nachrichten im Internet kennengelernt. Wieder einmal habe ich jemanden getroffen, der nicht nur ein echt tolles Auto hat, sondern wohl auch die gleiche Wellenlänge wie ich teilt. Wieder einmal habe ich eine neue Freundschaft geschlossen. Wieder einmal wurde das Internet real.
Also, Matthias. Wenn es dich und Ole mal wieder in den Norden verschlägt, schaut ruhig vorbei. Du weißt ja:
HotDog geht immer.
Das ist wahrlich ein Stück Schwedenstahl. So stelle ich mir Volvo vor. Schwer unbeweglich solide kantig… so habe ich die in jungen Jahren kennengelernt und das bleibt für mich auch der typische Volvo… könnte mir auch gefallen. Und wesentlich besser als Reisemobil geeignet als Hein 😉
Also CHristoph…
…so unbeweglich sind die 240er gar nicht! 😀 Bist du schon mal einen gefahren? Vom Wendekreis sind die doch gar nicht so übel. Ähnlich wie Elsa. So ein 245 wäre tatsächlich ein besseres Reiseauto als Hein. Ich habe ja auch einen gesucht – nur keinen bezahlbaren gefunden. Die sind wirklich extrem teuer geworden. Schade, eigentlich. Aber Hein läuft nun gut. Mal sehen, wie lange noch… 🙂
Schöne Grüße
Lars
Ich durfte auch schon alte Volvos fahren… definitiv ist so ein 240er das bessere Auto als ein W124. Du weisst ja, dass ich alte Benzen für etwas überschätzt halte auch wenn ich sie mag. Warum kein 740?
Hey Marc,
warum ich keinen 740er gekauft habe? Weil die auch einfach zu teuer waren. Ich hatte mir ja ein kleines Budget gesetzt – und da war auch kein brauchbarer 740 zu bekommen. Wie das halt so ist.
Welches nun das bessere Auto ist, mag ich nicht beurteilen. Einen langen Atem haben beide – und bröselig können auch beide werden. Mein Herz schlägt schwedisch. Ob es am Vornamen liegt? 😉
Schöne Grüße
Lars