„Und wo ist hier das Dackelmuseum?“
Der zweite Tag meines Roadtrips in den Süden war ein bisschen… ähm.. ungewöhnlich.Eine Geschichte über Karate aufm Klo und eine Frau in Passau, die mich nicht mochte.
Kommt mit auf die Reise!
Ich glaube, die meisten von euch werden nicht auf diesem Blog landen, weil ihr irgendwelche Reisegeschichten von einem kleinen, kauzigen Typen von der Nordsee lesen wollt. Ihr seid wahrscheinlich hier, um euch darüber lustig zu machen, wie ich verzweifelt an meinen Autos schraube und dabei mehr Mist produziere, als ich hier überhaupt aufschreiben kann. Wenn ihr jetzt deshalb hier seid, muss ich euch nun ein wenig enttäuschen. Das Thema „Auto“ rückt zumindest heute ein bisschen in den Hintergrund. Bevor ihr jetzt aber schreiend weglauft, möchte ich euch lieber an die Hand und mit auf die Reise nehmen. Der zweite Tag meines Roadtrips verlief nämlich wieder äußerst… ähm… interessant.
Wo war ich denn stehen geblieben? Achja. Am Ende der letzten Geschichte hatte ich gerade die Nacht im Hotel „Zum Donauschifffahrtsamt“ überstanden und machte mich ganz fix vor den neugierigen Augen der Mitarbeiter des Amtes aus dem Staub. Ich war mir nicht ganz sicher, ob es überhaupt erlaubt ist, irgendwo im Nirgendwo in seinem Auto zu übernachten und wollte keinen Ärger. Inzwischen weiß ich, dass es unter Umständen sogar erlaubt ist. Wenn man wirklich so müde ist, dass man nicht mehr sicher im Straßenverkehr teilnehmen kann, ist es erlaubt anzuhalten (vorausgesetzt, man darf dort parken) und zu schlafen. „Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit“ nennt sich das. Aber selbst mit dem Wissen hätte ich wohl nicht länger gepennt…
Los geht’s!
Es war gerade einmal halb sieben, als ich Hein aus der Sackgasse rollen ließ. Nicht nur ich war an diesem Morgen mächtig müde, auch Hein steckte die lange Fahrt vom Vortag noch etwas in den Tiefen seines Vierzylinders. Er wollte nicht so richtig aus dem Quark kommen, doch das störte mich gar nicht so. Langsam rollten wir über die sich langsam füllenden Landstraßen und suchten nach der nächsten Ortschaft. Ich war mir nämlich immer noch nicht so ganz sicher, wo ich denn nun genau war. Ein Smartphone besitze ich bis heute nicht und mein Navi war auch noch müde. Es zeigte selbst nach einer halben Stunde störrisch den Startbildschirm an und reagierte einfach nicht. Nicht einmal auf ganz zärtliche Berührungen. Doch auch davon ließ mich an dem Tag nicht stören. Irgendwo würde ich schon ankommen.
„Take the long way home“
Das Lied von Supertramp dudelte gerade durch die knarrenden Lautsprecher meines alten Mercedes, als mein Navi endlich wieder Lebenszeichen von sich gab. Um ehrlich zu sein – mir fiel ein riesengroßer Stein vom Herzen. Ich hatte mich nämlich ganz und gar verfranzt. Ich war bestimmt schon durch zehn kleine Ortschaften gefahren, deren Namen mir einfach mal gar nichts sagten. Und in keiner dieser Ortschaften stand ein Hinweisschild auf dem schwarz auf gelb „Straubing“, „Regensburg“ oder „Passau“ geschrieben war. Auch die Autobahn, die ich eigentlich gesucht hatte, lag anscheinend ganz woanders. Es war halt schon mächtig dunkel, als ich nach einem Nachtplatz suchte. Zumindest nehme ich das jetzt als Ausrede für meinen fehlenden Orientierungssinn an diesem Morgen. Ich war in einem Ort in der Nähe von „Wörth an der Donau“ und – das erstaunte mich viel mehr – zur Raststätte am Voralpenkreuz waren es nur noch 191 Kilometer. Ich hatte also noch viiiel Zeit.
„Gegner der Planung sind Freunde des Zufalls“
Ich saß irgendwann einmal in der U-Bahn, als ich das Zitat auf der Titelseite einer Zeitung las. Ich kann mich bei bestem Willen nicht mehr daran erinnern, welche Zeitung es war und wusste (bis ich es gegoogelt habe) nicht einmal, dass es vom 2013 verstorbenen Stuttgarter Oberbürgermeister a.D. Manfred Rommel stammte. Warum ich euch das alles erzähle? Für diesen Tag des Roadtrips hatte ich mir spontan das Zitat ein bisschen als Vorbild genommen. Meinen Alltag plane und strukturiere ich schon mehr als genug, da kann man sich im Urlaub auch einmal treiben lassen. Ich hatte nur drei fixe Ziele an diesem Tag. Erstens: Die nächste Nacht im Hotelzimmer in Graz verbringen. Noch eine Nacht auf dem Beifahrersitz musste wirklich nicht sein. Zweitens: Meinen Kumpel Jürgen gegen zwölf Uhr am Voralpenkreuz treffen und drittens: Hein tanken. Der hatte nämlich Durst.
Wer hier schon ein bisschen länger mitliest, weiß wohl schon, dass Navigationssysteme nicht gerade meine besten Freunde sind. Mein erstes Navi gab seinen Geist auf, als ich Elsa noch restaurierte und gerade ein paar gebrauchte Kotflügel aus Dortmund holen wollte. Kaum war ich auf die Autobahn fast direkt vor meiner Haustür gefahren, ging das Navi aus und ließ sich bis heute nicht mehr starten. Und auch mein zweites Navi, das ich Ende 2017 neu erworben habe, hat mich schon öfter in die falsche Richtung geschickt als ich überhaupt zählen kann. Trotzdem verließ ich mich auf das Navi, gab Passau als Ziel ein, drückte auf „Autobahn vermeiden“ und auf „kürzeste Route“. Somit hatte ich schon mal auf einer Tour im Norden, als das Navi tatsächlich wusste, wo wir waren, einige schöne Strecken kennenlernen dürfen.
Auf, auf und davon!
Es lief auch erst einmal alles gut. Niederbayern hat wirklich wunderbare Landschaften und auch wunderhübsche Orte zu entdecken. Ab und zu hielt ich einmal an, um mir ein bisschen die Beine zu vertreten und um mir alles ein bisschen anzugucken. Meine Kamera ließ ich dabei komischerweise häufiger einmal im Auto liegen. Das ist recht ungewöhnlich für mich, aber ich war wohl so begeistert von der Landschaft und all den kleinen Orten, das ich daran einfach nicht gedacht habe. Vielleicht war aber auch mein von der Nacht auf dem Beifahrersitz noch etwas schmerzender Rücken Schuld. Wobei? Eher nicht. Ich war einfach zu schusselig. Deshalb habe ich wohl auch kein Foto von einer wunderbar patinierten DS gemacht, die an der kleinen Shell-Tankstelle irgendwo im Nirgendwo stand. Als ich das relativ günstige Super in Heins Tank gluckern ließ, konnte ich meine Augen kaum von dem leicht matten, dunkelgrünen Lack wenden. Anscheinend fiel es auch den Kassiererinnen auf, die mich nach einem bayrisch angehauchten „Moin“ fragten, ob ich wohl alte Auto möge. Die Antwort könnt ihr euch sicherlich schon denken.
Norbert wollte mich ärgern.
Das Vertrauen in mein Navi hatte ich übrigens voll und ganz wiedergefunden. Die Tour, die mein Navi mit dem Namen „Norbert 2“ herausgesucht hatte, war wirklich wunderschön. Die Straßen waren leer, die Landschaft wurde von Kurve zu Kurve hübscher und es wurde sogar immer sonniger. Und so wurde ich auch kein Stück misstrauisch, als „Norbert 2“ mich auf einmal in einen kleinen, fast schon eher landwirtschaftlichen Weg schickte. Schon oft habe ich gesagt, dass ich Leute ein kleines bisschen verstehen kann, wenn sie sich blind auf ihr Navi verlassen. Okay – ich bin noch nie in einen See gefahren, weil ich ja auch auf die Straße schaue, aber verfahren habe ich schon oft. Selbst, als ich das Warnhinweisschild „Steigung, 25%“ sah, dachte ich als Deichkind nur: „Ach, so steil kann das ja nicht sein.“ Ich kann euch sagen – als ich endlich auf dem Gipfel ankommen war, musste nicht nur Hein nach Luft schnappen. Es war das erste Mal, dass ich mich bei meinem alten 230E in den Sitz gepresst fühlte. Und zwar nicht aufgrund der Beschleunigung.
Ein Foto vom „Aufstieg“ habe ich nicht – so stark traue ich meiner Feststellbremse dann doch nicht. Aber vom Abstieg. Anstatt auf dem Gipfel zu wenden und wieder herunterzufahren, entschied ich mich dazu, den Weg auf der anderen Seite zu nehmen. Zuerst war dieser aus noch geteert. Dann wurde aus der Teerstraße ein Schotterweg. Und aus dem Schotterweg wurde irgendwann nur noch ein Matschweg, der nach einigen hundert Metern nur noch aus zwei Spurrillen bestand. Ich rechnete fest damit, dass ich bald auf ein paar wütende Pilzsammler stoßen würde, die mich „Was fährst du durch unseren Wald?!“ schreiend mit Champignons bewerfen würden. Doch zum Glück (oder leider? Ich mag Champignons) war das nicht der Fall. Unten ankommen entschied ich mich dann doch dazu, direkt nach Passau zu fahren. Nach dem Offroad-Abenteuer hatte ich Hunger. Und Durst.
Willkommen in Passau.
Ich hatte Glück – für Hein war gerade noch genau eine Lücke auf dem Parkplatz im Zentrum von Passau frei. Die Stadt wollte ich auf alle Fälle zu Fuß erkunden. Im Auto sieht man ja immer so wenig. Ich wusste auch gar nicht, was mich in Passau erwarten sollte. Ich kannte die „Dreiflüssestadt“ (Donau, Inn und Ilz fließen durch Passau) bisher nur aus dem Fernsehen – und die zeigen bekanntermaßen ja meist nur die besonders hübschen Ecken. Wobei ich sagen muss, dass die Altstadt Passaus wirklich schön ist. Schnell hatte ich eine kleine schöne Bäckerei in der Nähe des Bratfischwinkels (ich fühlte mich wie zu Hause!) gefunden und bewunderte die bunten Häuser bei einem Brötchen einer Semmel und einem Glas Orangensaft. Die Häuser im Süden sind irgendwie alle viel verschnörkelter und verspielter als Gebäude zu Hause im Norden. Irgendwie wirkt alles viel prunkvoller.
Nach meinem ausgiebigen Frühstück machte ich mich weiter auf Erkundungstour. Viele Geschäfte hatten noch nicht auf, aber in einem kleinen Souvenirlädchen musste ich für ein paar Postkarten doch noch mein Portemonnaie zücken. Warum weiß ich gar nicht so genau – ich habe sie bis heute nicht beschrieben. Aber als Andenken sind die ja sowieso gut. Was mir besonders in Passau auffiel, war die vielen Touristen. Alle Akzente hallten durch die engen Gassen, nur bayrisch konnte ich nicht heraushören. Ein sächsisches Pärchen brachte mich mit einem „Schau mal, da steht Dackelmuseum!“ auch zu meinem nächsten Ziel. Auf einem kleinen Hinweisschild unweit des Doms stand „Dackelmuseum.“ Ich wollte unbedingt sehen, was das Museum wohl zu bieten hat. Doch selbst nach einer Stunde konnte ich es nicht finden und entschied mich, zurück zum Auto zu laufen.
Ich komme wieder.
Ich fand es schade, dass ich das Dackelmuseum nicht finden konnte. Entweder war ich einfach zu blind oder es war nicht sonderlich gut ausgeschildert. Auf meiner Rücktour wollte ich auf jeden Fall noch einmal schauen, ob ich überhaupt in die richtige Richtung gelaufen war. Eine junge, hübsche Frau saß auf einer Bank unter dem Schild, auf dem ich den Hinweis vorhin gelesen hatte. Vielleicht wusste sie ja was. Ich setzte das charmanteste Lächeln auf, das mein Gesicht zu bieten hat, und ging zu ihr hin. Das Gespräch verlief ungefähr wie folgt:
„Entschuldigung? Kommst du aus Passau?“
– Ja, ich wohne hier. –
„Ah, super! Dann kannst du mir doch bestimmt verraten, wo das Dackelmuseum ist.“
Es ist irgendwie komisch, wenn man lächelnd vor einer fremden Person steht, die einen fragend und unsicher anschaut. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob sie wirklich unsicher war. Sie hatte ihre rechte Augenbraue soweit hochgezogen, dass ihr Gesichtsausdruck eigentlich schon fast „Du willst mich doch auf den Arm nehmen!“ schrie. Ich verwies noch einmal kurz auf das Hinweisschild, das über unseren Köpfen hing wie ein Mistelzweig zu Weihnachten. Aber anscheinend wissen nicht einmal Passauer so genau, wo das Museum ist. Oder mein Lächeln war einfach nicht charmant genug. Egal. Ich muss irgendwann nochmal wieder dorthin und das Museum finden und dann besuchen. Was mag dort wohl ausgestellt sein?
Zwölf Uhr, Voralpenkreuz.
„Du musst drücken!“ Der dem Akzent nach osteuropäische LKW-Fahrer mit einer roten Warnweste grinste mich noch mehr an, als er es zuvor schon tat. Bestimmt fünf Minuten stand ich vor dem Seifenspender und dem Wasserhahn und konnte einfach nicht begreifen, wie irgendetwas davon funktionierte. Ich dachte, die Wasserhähne (zumindest sahen sie so aus), wären diese Dinger, die auf Bewegung reagierten. Ich versuchte alle Yoga- und Karate-Bewegungen nachzumachen, die ich so aus dem Fernsehen kannte – doch meine Hände blieben trocken. Wahrscheinlich war es so ein gutes Schauspiel für den LKW-Fahrer, dass er mich später noch einmal grinsend grüßte, als er an meinem Auto vorbeilief, in dem ich auf Jürgen wartete. Lange warten musste ich gar nicht. Der kleine Punto von Jürgen war nach zwei Jahren Standzeit wieder so fit, dass mein Kumpel aus dem Allgäu auf 300 Kilometern Strecke gerade einmal 15 Minuten länger brauchte, als er dachte.
Die restliche Strecke nach Graz verlief auch ganz reibungslos. Ich glaube, wir brauchen nicht einmal mehr 3 Stunden dorthin. Jürgens Punto lief super, Hein lief super, das Wetter war recht schön und im Radio spielten auch brauchbare Lieder. Nach dem Einchecken ins Hotel und nach einer kurzen Dusche, die ich wirklich nötig hatte, chauffierte mich Jürgen in die Stadt. Nach einem Jahr wollten wir endlich Anja, Micky und Wolfi wiedersehen. Das Wiedersehen war so herzlich, dass ich an all den Stress, den die Reparaturen von Hein und die Fahrt nach Österreich so mit sich brachten, gar nicht mehr dachte. Spät nachts fiel ich zufrieden und todmüde in ein richtiges, echtes Bett. So eines mit Matratze, Kopfkissen und Decke und so. Die Nacht war fast so schön, wie die Ausfahrt am nächsten Tag.
Doch über Hein als Besen erzähle ich euch ein anderes Mal.
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