Watt’n Törn 2.0 – Halber Tacho Abstand
Dieses Jahr fand die zweite Ausgabe meiner kleinen Oldtimertour „Watt’n Törn“ statt. Anders als geplant, etwas improvisiert, aber dafür mit vielen tollen Autos und Fahrern.
„Dann mach du es doch!“
Wir drehen die Zeit einmal um etwas mehr als zwei Jahre zurück. Das Wort „Pandemie“ oder den Begriff „Corona“ hatte noch keiner auf dem Schirm, als ich mich mit Micky unterhielt. Micky ist nicht nur der Kopf hinter dem Blog alltagsklassiker.at, sondern hatte gerade auch wieder eine wunderbare Old- und Youngtimerausfahrt namens „Cruise’n’Grill“ veranstaltet, an der ich mit meinem alten Mercedes „Hein“ teilgenommen hatte. Eine Anreise von 1200 Kilometern hatte ich auf mich genommen, um an Mickys Tour teilzunehmen. „Bei uns gibt es so eine tolle Ausfahrt einfach nicht“, meinte ich damals im Zielrestaurant zu ihm. „Dann mach du es doch!“, antwortete mir der sympathische Grazer wie aus der Pistole geschossen. Ausnahmsweise tat ich wie befohlen. Knapp ein Jahr später gab es die erste Ausgabe der Old- und Youngtimerausfahrt „Watt’n Törn“. Und auch wenn wir nur sieben Autos waren, hatten wir alle richtig Spaß.
So viel Spaß, dass es für mich eigentlich klar war, für dieses Jahr wieder eine Ausfahrt zu organisieren. Die Strecke stand dabei schon im letzten Herbst fest. Durch einen doofen Zufall (Orientierungslosigkeit…) fuhr ich einen kleinen Umweg, der mich über ganz wunderbare Straßen durch Nordfriesland führte. Es ging bergauf und bergab, es gab Kurven und vor allen Dingen ganz viel Landschaft, dabei aber ganz wenig Verkehr. Genau das Richtige für eine Oldtimerausfahrt. Die Planung und Organisation verlief recht reibungslos. Eine Veranstaltungsversicherung war schnell abgeschlossen, beim Amt war auch alles relativ flott angemeldet. Ich war gerade damit angefangen, eine Blogseite mit Anmeldeformular für die Ausfahrt zu bauen, als Corona dann plötzlich auftauchte. Ich bin mir sicher, dass ich euch nicht erzählen muss, was dann passierte – ihr wart ja schließlich dabei. Plötzlich stand das Leben still.
Startpunkt: Friedrichstadt
Trotzdem plante ich die Ausfahrt weiter. Schließlich hatte ich die Amts- und Versicherungsgebühren schon bezahlt und hatte nicht nur deshalb die Hoffnung, dass die Ausfahrt doch irgendwie stattfinden könnte. Von einigen Dingen meiner Planung musste ich mich dennoch verabschieden. Der geplante Museumsbesuch zum Beispiel fiel aus. Und auch die öffentliche Anmeldung. Wäre die Ausfahrt von Amtswegen abgesagt worden, hätte das für mich ein riesiges Chaos bedeutet – und darauf hatte ich echt keine Lust. Also lud ich einfach ein paar Leute ein, die ich über die Jahre durch die alten Autos kennengelernt habe. Falls ihr nun traurig oder sogar böse seid, dass ihr keine Einladung bekommen habt – nehmt es mir nicht übel. Ihr wisst, dass ich manchmal ein wenig durcheinander bin. Einige Leute haben auf meine Einladung auch nie reagiert. Aber egal – im nächsten Jahr wird sicherlich wieder einiges anders. Die Ausfahrt wurde übrigens nicht abgesagt – ansonsten würde ich ja nun hier auch nicht darüber berichten. Macht Sinn, oder?
Der vereinbarte Treffpunkt war der Parkplatz 3 in Friedrichstadt, der sogar extra für unsere kleine Tour abgesperrt wurde. Janine und ihr Käfer Ernie waren die ersten, die dort eintrafen. Kurz darauf kamen auch Sina und Dennis in ihrem Volvo Amazon und Tom in seinem T2 Camper. Ich… äh… war mal wieder etwas zu spät dran. Letztes Jahr war ich (als Veranstalter…) zwanzig Minuten zu spät dran. Aber ich glaube, so lange haben die vier nicht warten müssen, bis unser Konvoi auf den Parkplatz rollte. Unser Konvoi bestand (neben Elsa) noch aus dem K70 (Geschichte folgt!) von „El Gigante“ Andreas und seiner Frau Olivia, dem Seat Marbella „Knut“ von Lukas (dazu später mehr) und Henkelmännchen, der von meinen Eltern gefahren wurde. Ich weiß gar nicht, wer als nächstes kam. Entweder war das Jörg und sein frisch lackiertes Golf 1 Cabriolet oder Andrea und Klaus in ihrem Strandgleiter.
Der Parkplatz füllte sich recht zügig
Elsa blieb nicht der einzige Buckelvolvo im Starterfeld. Mein „Patenbuckelvolvo“ Knut war auch mit von der Partie. Knallrot und glänzend. Kaum war Knut verstummt, säuselte auch schon der blitzsaubere 560 SEC mit Ralph und Lars an Bord auf den Parkplatz. Kurz danach kam auch der nächste Konvoi, bestehend aus dem samtroten Käfer von Carsten mit C, dem knallgelben Käfer von Karsten mit K, dem wunderhübschen C-Kadett von Torsten, dem fauchenden 911er Cabriolet mit Dirk am Steuer und dem grüne Knudsen-Taunus, den viele Leute erst gar nicht wiedererkannten. Jens, besser bekannt als „Sandmann“ von „Sandmanns Welt“ hatte nämlich endlich wieder schicke Stahlfelgen auf seinem Coupé. Endlich kein Alugammel mehr – das wurde aber auch wirklich Zeit. Und da die Hoffnung bekanntermaßen grün ist (Ich weiß auch nicht, wie das passt), kamen Gerlind und Heiko noch in einem grünen Käfer Cabriolet, Olli in seinem grünen Passat 32b und Ost-Blog Olaf in seinem viperngrünen Passat 32. Marc in seinem schwarzen Audi Cabriolet war dann auch schnell mit dabei.
Nach einer kleinen, improvisierten Ansprache von mir ging es dann auch schon los. Wir waren zwar etwas später dran als gedacht, aber ich glaube, das störte wirklich niemanden. Zugeben kann ich es ja nun – ich war etwas nervös, als es losging. Ich machte mir Gedanken darüber, ob alle Autos durchhalten und auch alle Teilnehmer den richtigen Weg finden würden. Ich hatte zwar ein Roadbook geschrieben…, aber das war auch der springende Punkt. Ich hatte es geschrieben. Die Garantie, dass jeder am gleichen Ort ankam, war also nicht gegeben… Aber egal. Augen zu und durch! Wobei ich die Augen natürlich nicht geschlossen habe. Zum einen musste ich ja auf den Verkehr achten – und zum anderen war es einfach ein tolles Schauspiel, das sich da im Rückspiegel abspielte. Wie eine Perlenkette mit vielen bunten Perlen fädelten sich nach und nach alle Oldtimer in den Konvoi ein. Ab diesem Zeitpunkt habe ich nur noch gegrinst.
Und da war ich nicht der Einzige
Wer auch ziemlich gegrinst haben muss, war Lukas. Lukas hatte mit seinem Seat Marbella, mit dem er den langen Weg von Detmold an die Küste gefahren war, vorher nämlich ziemlichen Ärger. Erst hatte ein Reh den kleinen Seat etwas geknickt dastehen lassen, was Lukas aber recht zügig wieder repariert hatte. Dann ging – ziemlich genau eine Woche vor der Ausfahrt – die Zylinderkopfdichtung des 0,9-Liter Vierzylinders kaputt. Nun ist Knut nicht das einzige Auto von Lukas und jeder andere hätte an seiner Stelle wohl einfach auf ein anderes Auto zurückgegriffen, Lukas hingegen griff einfach zum Werkzeug. Er baute den Kopf ab, ließ ihn planen, schliff die Ventile neu ein und machte seine Probefahrt halt mal eben an die Nordsee. Wie man es eben so macht. Dabei merkte Lukas dann auch schnell, dass der kleine Seat im Stau noch etwas zu warm wurde. Die Lösung? Ein neuer Keilriemen, den wir einen Tag vor der Ausfahrt noch schnell einbauten. Also… Lukas baute ihn ein. Ich stand nur daneben und laberte. Das kann ich!
Aber auch die Passanten in Friedrichstadt freuten sich. Da ich mit Elsa ganz vorne fuhr, bekam ich das ja leider nicht so mit und sah all die schönen und bunten Autos nur in Elsas kleinem Rückspiegel. Mir wurde aber erzählt, dass viele Passanten „Das ist ja wie früher!“ sagten und ihre Handys und Fotoapparate zückten. Ich wäre aber auch erstaunt gewesen, wenn der Konvoi nicht für einige „Ah!s“ und „Oh!s“ gesorgt hätte. Immerhin konnte ich mir alle Autos genau anschauen, als wir die erste Pause einlegten. Irgendwo im Nirgendwo, auf einem kleinen Schotterparkplatz fanden alle zwanzig Autos Platz. Ich war noch nicht einmal ganz aus Elsa ausgestiegen, als Klappstühle und Klapptische aufgestellt wurden und es auf einmal nach Kuchen und frischer Wassermelone roch.
Keiner musste frieren
Tippe ich jetzt mal. Zumindest machte es nicht den Anschein, als ich durch die Reihen ging und mich hier und da mit Leuten unterhielt. Natürlich haben sich alle an den Abstand und auch an die Hygieneregeln gehalten – unsere Gesundheit ist schließlich das wertvollste, was wir haben. Falls ich an dieser Pause noch verwirrter wirkte, als ich es ansonsten schon bin, dann lag es eindeutig daran, dass ich mir mein Hirn schon breitgekocht habe. Es waren locker dreißig Grad draußen – zu viel für Elsas alten Kühler, der dringend überholt werden muss. Ich fuhr also die ganze Zeit mit der Heizung auf Volldampf. Elsas Motor lief schön kühl, nur ich wurde langsam wirklich gar. Viel Fahrtwind war bei einem Tempo von 50 Kilometer in der Stunde ja auch nicht vorhanden. Aber egal – die Pause tat ganz gut. Erst als die Sonne sich soweit gedreht hatte, dass auf dem Parkplatz kein Schatten mehr war, brachen wir wieder auf.
Auch die Tour bis zur nächsten Pause verlief reibungslos. Da gab es nämlich eine Ecke, die mir etwas Sorgen machte. Wir mussten auf der Hauptstraße zwischen Husum und Flensburg nach links abbiegen – und da gab es keine Linksabbiegerspur. Als ich einen Tag zuvor die Strecke noch einmal mit Hein und Lukas abgefahren war, überholte uns hier einer, als wir abbiegen wollten. Trotz Überholverbot. Zum Glück verlief aber alles glatt. Sogar ein A-Kadett kam uns entgegen. Die Besitzer freuten sich anscheinend auch über den all die Autos und fuhren fröhlich hupend an uns vorbei. Langsam schlängelten wir uns alle in Richtung Norden. Bredstedt war das nächste Ziel. Dort hatte ich eine kleine Pinkelpause eingeplant. Da keiner auf die Toilette an der Tankstelle gehen wollte und die Sonne brannte, machten wir uns dann aber schnell wieder auf den Weg.
Und dann drehte sich plötzlich alles um Hosenträger
„Du darfst hier nicht stehen!“, der Mann hatte sich schon in Rage geredet. Oben ohne, aber immerhin mit knallbunten Hosenträgern, die seine kurze Hose mehr schlecht als recht hochhielt, fauchte er mich an. Ich reagierte gar nicht wirklich darauf. Ich hatte einfach keine Lust auf Krawallrentner. Eine doofe Ampelschaltung hatte unseren Konvoi etwas auseinander gerissen und einige Autos waren (Obwohl ich winkend an einer Kreuzung stand) an uns vorbeigefahren. Und dieser kurze Halt sorgte bei dem Anwohner wohl für schlechte Laune. Warum auch immer. Es war ja nicht so, dass wir für Abgas- oder Ölschwaden über Bredstedt sorgen. Alle hatten brav ihren Motor aus. Egal. An unserem zweite Haltepunkt – ein Feldweg in irgendeinem Koog – wurden wir herzlicher empfangen. Ein Landwirt konnte gar nicht genug von unseren Autos bekommen. Leider war kein Borgward dabei, auch wenn er gerne einen gesehen hätte. Nach kurzer Tipperei (Dafür ist ein Smartphone praktisch, ich muss es ja zugeben) fanden die Verlorengegangenen auch wieder zu uns.
An einer Schleuse an der Nordseeküste konnten wir uns abkühlen. Hier gab es zur Abwechslung mal ein paar schattige Plätzchen. Die Sonne knallte ansonsten wirklich den ganzen Tag bitterböse auf uns ein. Ich war zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon zu nichts mehr zu gebrauchen und auch noch böse verbrannt. Die Sonnencreme hatte ich wohl schon lange ausgeschwitzt. Meine Eltern waren im Cabriolet hingegen wirklich happy. Sie freuten sich einfach, mal nicht alleine oder mit mir durch die Gegend fahren zu müssen. Anscheinend machte besonders Toms Bulli einen mächtigen Eindruck auf sie. Mein Vater schwärmt seitdem von dem T1, den er vor über vierzig Jahren einmal hatte und meine Mutter erzählt immer von Touren, die man mit so einem Bus ja machen könnte. Ich bin mal gespannt, was sich daraus entwickelt. Ist aber auch wirklich ein Schmuckstück!
Endlich am Ziel!
Immer an den (total verbrannten und ausgetrockneten) Deichen entlang ging es dann für uns in Richtung Ziel. Kurz fuhren wir noch durch Husum und dann noch ein ganzes Stück über Eiderstedt. Kurz vor unserem Ziel trafen wir dann noch auf das Örtchen „Welt“. Dass hier einige Leute anhalten und Fotos machen wollte, hatte ich da schon nicht mehr auf dem Schirm. Mir war heiß, das Mineralwasser im Auto war heiß und ich hatte (Heiß-)Hunger. Die letzten Meter zum Eidersperrwerk fiel unser Konvoi dann tatsächlich auseinander. Trotzdem trafen alle wohlbehalten beim Eidersperrwerk ein – vielleicht lag es einfach auch an der blauen Fahne, die ein Auto aus dem Auspuff warf und so allen den Weg zeigte. Mit Fischbrötchen oder Currywurst und Benzingesprächen ließen wir den Abend dann ausklingen.
Ziemlich genau 130 Kilometer hatten unsere Schätzchen an dem Tag abgespult. Keiner hatte eine Panne und alles verlief ganz reibungslos. Ganz ungewöhnlich, wenn ich was unternehme – es muss also eindeutig an den Teilnehmern gelegen haben. Alle hielten sich super an die Verkehrs- und Hygieneregeln, es war kein Spinner dabei, der einen auf dicken Max machen musste und überall entwickelten sich sympathische Gespräche. Und genau dafür möchte ich mich bei euch allen echt herzlichst bedanken! So hat diese kleine, improvisierte Ausfahrt sogar noch mehr Spaß gebracht, als ich es mir je denken konnte.
Drei Dinge habe ich aus der diesjährigen Watt’n Törn-Ausfahrt mitgenommen:
- ) Henkelmännchen muss auch so schick werden wie das Cabriolet von Jörg
- ) Werde ich Elsas Kühler im Winter unbedingt überholen lassen
- ) Wird es im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder eine Ausfahrt geben
Und dann tragen wir auch alle bunte Hosenträger.
Vielen Dank an Klaus für das Aufmacherfoto und schöne Grüße an Andrea, die extra aus der Nähe von Frankfurt angereist ist, um dabei zu sein!
Ach ja, seufz 😊
Ey Lars,
schöne Ausfahrt mit bunter Mischung habt ihr da gemacht, sowas mag ich. Ohne Markenbrille und so..
Den Querulanten/Denunzianten (auch ohne Hosenträger erhältlich) gibts mal überall, meistens fällt denen bei sowas mal plötzlichauf, das ihr Leben gerade einfach nur langweilig ist.
Ich hab übrigens der Diva (Saab 9-5) abgeschworen und mir als Daily erstmal einen Golf4 in Form eines Octavia 4×4 zugelegt. Einen Tip kann ich da schon wieder geben, falls du mal Dämpfer vorn wechseln solltest: Die Klemmschraube für das Federbein kostet bei Volvo weniger als die Hälfte…
Mach mal schön weiter so!
Hey Thorsten,
ja – das Startfeld war wirklich schön bunt. Ich mag Markenhass auch nicht wirklich, muss ich ja sagen.
Glückwunsch zum Octavia! Mein 4er Golf fährt tatsächlich immer noch tadellos. Bin immer noch überzeugt von dem Auto. Die Dämpfer vorne muss ich tatsächlich einmal wechseln – so nach 350 000 Kilometern merke ich langsam, dass die etwas müde werden. Vielen Dank für den Tipp! Mal sehen – vielleicht gehe ich das noch vor dem Winter an.
Schöne Grüße
Lars
Wow, das sieht wirklich nach einen extrem spaßigen Treffen aus, wäre ich gern dabei gewesen…
Mittlerweile ist es allerdings sehr zweifelhaft, dass ich den S124 nächstes Jahr auf die Räder kriege, dank den „c“maßnahmen der Regierung bin ich jetzt seit fast 10 Jahren das erste mal über den Winter wieder arbeitslos, und dank dem überaus grosszügigen Arbeitslosengeld hab ich dann ungefähr die Hälfte des Geldes eines Hartz4-empfängers zum Leben…
Aber das Projekt ist ganz sicher nicht aus der Welt.
Gruss, Maik