Projekt LowBudgetBenz – Teil 9: Loch und Löcher
Wenn man einem halbtoten Auto neues Leben einhaucht, fahren die Gefühle Achterbahn.Wenn man denkt „Schlimmer wird’s nicht mehr“, kommt irgendwo ein Rostloch her.
Was habe ich mich gefreut.
Nach mehreren Monaten Arbeit war der hintere, linke Radlauf fertig. Ich hatte nicht nur vielen, alten Pfusch herausoperiert, sondern auch zum ersten Mal erst einen Innenradlauf und dann einen äußeren Radlauf repariert. Ich hatte viel übers Schweißen gelernt – und auch wenn das Ergebnis nicht perfekt geworden ist, war ich dennoch recht stolz darauf. Aber nicht zu stolz, denn Eigenlob stinkt und Heins Innenraum riecht schon ohne mich nicht sonderlich gut. Aber ich schweife ab. Ich war vor einigen Monaten wirklich stolz und zufrieden, dass ich eine (wie ich sogar dachte – die größte) Baustelle an der Karosserie meines alten 230E fertiggestellt hatte. Und so kam es dann auch, dass ich hochmotiviert nach der nächsten Baustelle suchte. Ich wusste von einem Loch am unteren Ende des rechten Radhauses. Dort war mal irgendwie alles mit Dichtmasse zugeschmiert worden – doch die Baustelle sollte gar nicht so schlimm sein, dachte ich. „Die Blechform ist ja recht einfach“, dachte ich. Dachte ich…
Man sollte meinen, dass ich so langsam dazugelernt haben sollte, was Rostlöcher an Autos betrifft. Es ist zu 99,99% nie nur ein kleines, einfach geformtes Rostloch. Es steckt immer mehr dahinter. Und erst recht, wenn es ein alter Mercedes ist, der teilweise mehr Blechlagen hat als die Blei-Abschirmung eines Atomreaktors. Und wenn der Mercedes dann noch Hein heißt, ist erst recht nichts mit „nur einmal kurz“. Aber… äh… ich schweife. ab. Schon wieder. Zumindest merkte ich dann doch recht schnell, dass das Rostloch am unteren Ende des Radlaufs doch nicht mal „eben so“ repariert sein sollte. Und das wurde sogar noch deutlicher, als ich dem Rost mit der routierenden Drahtbürste auf die Pelle rückte und das Loch irgendwie immer größer und größer und größer wurde. Und nicht nur das: Auch eine alte Pfuschreparatur kam wieder zum Vorschein. Unglaublich. Alles wirkte vorher zumindest einigermaßen stabil – und wirklich etwas gesehen hat man auch nicht.
Die Büchse der Pandora
Die hatte ich mit dieser Baustelle auf jeden Fall eröffnet. Der Rost kroch auch hinter der Karosseriefalz zwischen Radhaus und Rahmen und ich wusste: Da könnte ich nicht reparieren, ohne die Hinterachse auszubauen. Also nahm ich mir tatsächlich ein paar Tage Zeit, um einen Schlachtplan zu überlegen. Auf der Hebebühne wäre es am einfachsten, die Hinterachse auszubauen, doch ich wollte mir eigentlich nicht so wirklich die Hebebühne über Monate blockieren. Aber in der Garage auf Böcken wäre halt auch nicht wirklich viel und alles würde deutlich enger. Trotzdem entschied ich mir für die Version. Unter dem Auto Yoga-Übungen zu unternehmen, fand ich irgendwie deutlich attraktiver als monatelang ein Wrack auf der Hebebühne stehen zu haben. Das war so im Nachhinein tatsächlich auch die beste Idee, die ich im letzten halben Jahr bezüglich Hein hatte. Zumindest fast.
Um die nächste Baustelle abzuarbeiten, musste also die Hinterachse raus. Aber das stand sowieso noch auf meiner To-Do-Liste. Die Hinterachse besteht bei einem 124er aus vielen Lenkern und Buchsen, die bei Hein alle nicht mehr so taufrisch waren. Deshalb hatte ich mir auch schon Anfang 2019 einen Satz mit neuen Lenkern und Buchsen von Lemförder gekauft und beiseite gelegt. Zudem sah der Hinterachskörper schon etwas angerostet aus – und tatsächlich sind auch das Schwachstellen vom 124er. Auch die rosten gerne einmal durch. Wie auch die Hinterachsaufnahmen. Aber zumindest war ich mir da recht sicher, dass ich die nicht schweißen müsste. Ich hatte die fest mit dem Hammer bearbeitet – und sie hielten der Last noch stand.
Erstens kommt alles anders…
…und zweitens als man denkt. Eigentlich ist es gar nicht soo schwer, eine Hinterachse aus einem 124er Mercedes zu bauen. Man löst die Kardanwelle, baut den ABS-Sensor aus, nimmt die Federn raus (am besten mit einem Federspanner und nicht so wie ich mit einem Wagenheber…), löst die Handbremsseile und die Bremssättel. Und dann sind es nur noch vier Schrauben, die die Achse an der Karosserie halten. Und das ging tatsächlich auch alles ganz reibungslos und ohne Ärger. Nicht eine Schraube war festgerostet und ich freute mich darüber. Immer noch dachte ich, dass ich die Ecke schnell geschweißt und Hein bald wieder auf einer frisch gemachten Achse stehen würde. Und das dachte ich sogar noch, als die Hinterachse irgendwann ausgebaut in meiner Werkstatt lag. Was für ein Trümmer!
Und dann habe ich mich mal mit der rotierenden Bürste an die Hinterachseaufnahmen gemacht. Und hier seht ihr das Ergebnis. Ich war erst davon ausgegangen, die Aufnahme nur einmal vom Unterbodenschutz zu befreien, den Rost zu stoppen und neu zu lackieren. Aber… äh… nee. Ich war wieder einmal auf Pfusch gestoßen. Die Hinterachsaufnahme hatte seitlich schon ein Blech draufgetackert bekommen und untenrum war sie auch noch weggegammelt. Und schon sank meine Motivation auf ein „All-Time-Low“. Viele 124er Mercedesse sind wegen gammeliger Hinterachsaufnahmen auf dem Schrott gelandet. Doch nicht nur das: Etwas mehr Drahtbürsteneinsatz zeigte, dass auch das Blech unter der Hinterachsaufnahme durchgerostet war. Schöner Scheiß. Als ich das gesehen hatte, ließ ich alles erst einmal links liegen und brauchte ein paar Tage Abstand von Hein.
Doch schon ein paar Tage später bestellte ich eine neue Hinterachsaufnahme und machte mich daran, die Hinterachse zu zerlegen. Die wollte ich zum Sandstrahlen bringen und anschließen neu verbuchsen. Und so „fitgemacht“ wollte ich sie dann als Lehre benutzen, um die Hinterachsaufnahme neu einzuschweißen. Pfuscht man da und schweißt sie irgendwie ein, hängt die Hinterachse schief drin und das Auto fährt nur noch im Kreis. Und das ist doof. Schraubt man die Hinterachse an den (in meinem Fall) drei verbliebenen Hinterachsaufnahmen an, ergibt sich die richtige Position automatisch. Aber das zeige ich euch beim nächsten Mal. Achja – natürlich habe ich die ganze Aktion wieder als Video festgehalten, in alter Hein-Marnier:
Wie ihr seht: Es gibt noch wirklich viel zu tun an dem alten Kahn. Aber inzwischen sind schon einige Baustellen abgearbeitet. Aber das werde ich euch hoffentlich bald erzählen. Im nächsten Update geht es dann um die Hinterachse, die Hinterachsaufnahme und um noch mehr Rost, den ich gefunden habe.
Aber das hättet ihr euch wohl denken können.
2 Responses
[…] ← Projekt LowBudgetBenz – Teil 9: Loch und Löcher […]
[…] musste erst einmal die Hinterachse aus dem Weg – was ich im neunten Teil der „LowBudgetBenz„-Reihe auch gemacht habe. Nachdem ich die Hinterachse rausgenommen hatte, sah ich, dass die […]