Entdeckt: Ford A-Series – Big Brother

Der vierte Teil meiner kleinen Blogserie „Entdeckt“. Und wieder ist es ein Engländer.Dieses Mal habe ich ein Nutzfahrzeug entdeckt, das wirklich fast niemand mehr kennt.

Nun gebt es doch schon zu.

Wenn ihr Old- oder Youngtimer auch nur ein bisschen mögt, dann schaut ihr garantiert doch auch alten Autos hinterher, die euch im Straßenverkehr oder auf einem Parkplatz begegnen. Oder liege ich da nun so falsch? Genau. Mir geht es genauso. Schon oft habe ich am Straßenrand oder bei Gebrauchtwagenhändler seltene oder ungewöhnliche Autos entdeckt, die eigentlich so gut wie komplett aus dem Straßenbild verschwunden sind oder eigentlich nur noch als Oldtimer verhätschelt und nicht als Alltagsauto verwendet werden. Und genau diesen Autos möchte ich mit dieser kleinen Blogreihe einen Platz im Internet schaffen. Wahrscheinlich werdet ihr hier deshalb auch keinen 124er Mercedes und keinen Golf II entdecken, wenn sie nicht gerade irgendetwas besonderes an sich haben. Autos ohne Lobby, vom Leben gezeichnete Klassiker oder saubere Survivor – denen möchte ich hier ein kleines Denkmal setzen. Es gibt eindeutig Wichtigeres im Leben, es bringt mir aber Spaß. Und euch hoffentlich auch.

Ich hatte mich so richtig verfahren. Ich war weit entfernt von allen Hauptstraßen, weil ich irgendwo falsch abgebogen sein musste. Mein Handy hatte keinen Empfang mehr und ohne Navi bin ich sowieso immer unterwegs. Auch meine Schleswig-Holstein-Karte war nicht von großem Nutzen, weil ich gar nicht so genau wusste, wo ich überhaupt schauen sollte. Und so eine kleine Straße irgendwo an einem Deich war sowieso nicht aufgezeichnet. Verwirrt und auf der Suche nach einem Hinweisschild fuhr ich eben diese kleine Straße entlang. Vielleicht war es auch ganz gut, dass ich mich so verfahren hatte, denn ansonsten hätte ich wohl niemals dieses alte Wohnmobil am Straßenrand entdeckt. Ich war nicht schnell unterwegs, als ich es auf einmal auftauchen sah. Selbst bei höherer Geschwindigkeit wäre mir der große Camper wohl aufgefallen – alleine wegen der Größe. Und der Patina. Doch was ich da sah und fotografierte, wusste ich gar nicht so genau. Vielleicht wisst auch ihr nicht, was für ein Auto ihr hier auf den Bildern seht – und genau deswegen möchte ich es euch vorstellen.

Working Class Hero

Bevor ich euch verrate, um was für ein Fahrzeug es sich hier handelt, möchte ich euch erst einmal kurz raten lassen. Welche Basis wurde wohl für dieses Wohnmobil hergenommen? Eigentlich doof, diese Frage nun zu stellen, wenn ich das Modell schon in der Überschrift verraten habe. Aber ich hoffe, dass ihr zumindest trotzdem kurz nachgedacht habt. Vielleicht wusstet ihr das aber auch einfach. Um ehrlich zu sein – ich musste da echt ein paar Minuten recherchieren. Erst dachte ich an einen Dodge 50 (oder auch Renault 50), doch die sahen tatsächlich anders aus. Ich holte sogar meinen Kumpel Jürgen und Michael von Alltagsklassiker mit an Bord – und zusammen kamen wir dann auch auf die richtige Lösung. Bei diesem alten Wohnmobil handelt es sich um einen Camper auf der Basis einer Ford A-Serie. Und nein: Mit dem Ford A hat dieser Truck gar nichts zu tun. Dazu ist er natürlich auch viel zu neu.

Denn erst 42 Jahre nach dem Produktionsende des Ford A, also im Jahr 1973 wurde die Ford A-Serie auf der IAA in Frankfurt vorgestellt. Drei Jahre Entwicklungszeit und über 6 Millionen Test-Meilen lagen da hinter den Ford-Ingenieuren, die stolz ihre neue Modellreihe leichter Nutzfahrzeuge vorstellten. Ford wollte mit der A-Serie den Markt der LKW zwischen 3,5 und 7 Tonnen etwas aufmischen und gleichzeitig die Lücke zwischen der großen Ford D-Serie und dem kleineren Lieferwagen Transit schließen. Der Transit war es übrigens auch, die Michael, Jürgen und mich auf die Marke Ford brachte. Denn die A-Serie besitzt tatsächlich die Kabine eines Transits. Schaut mal auf die Tür – die Adleraugen unter euch werden es dann erkennen. Die Kabinenteile wurden damals in Saarlouis gepresst und einfach über den Ärmelkanal nach Großbritannien verschifft, wo sie dann zusammengeschweißt wurden. Der Unterschied zum Transit ist natürlich die deutlich bulligere Front mit breiteren Kotflügeln, einer fetten Motorhaube und einem anderen Grill.

Big Boy

Es gab zig verschiedene Versionen der Ford A-Serie, die entweder in Slough oder in Cork (Irland) gebaut wurden. So gab es kleinere Versionen mit Vierzylinder-Maschinen aus dem Ford Transit oder größere Versionen mit stärkerem Rahmen und Sechszylinder-Motoren. Zusätzlich gab es auch noch verschiedene Diesel, gegen Aufpreis sogar ein Fünfgang-Getriebe oder auch Allradantrieb. Welche Version dieser Camper einmal war? Ich kann es nicht sagen. Schon lange scheint kein Motor mehr in dem Auto zu wohnen. Er scheint wohl schon länger zu stehen – zumindest hoffe ich stark, dass er ein laufendes Projekt ist und gerettet wird. Denn auch wenn es zig Versionen wie Busse, Pritschenwagen, Allradler, Abschleppwagen oder auch Camper gab, ist die Ford A-Serie so gut wie ausgestorben. Und wenn ich den Prospektfotos, die man beim googlen findet, glauben darf, wurden die Lastwagen sogar in Deutschland verkauft. Zumindest zwei habe ich bei der Recherche auch mit deutschem Kennzeichen gesehen. Aber da könnt ihr mir bestimmt mehr zu sagen.

Ich hoffe, dass der Wagen wieder auf die Straße kommt. Zumindest sah es so aus, als würde an dem Wohnmobil gearbeitet werden. Auf jeden Fall habe ich mich gefreut, den Exoten durch Zufall an einer kleinen Straße entdeckt zu haben, ohne zu wissen, was für ein seltenes Auto mir da eigentlich über den Weg gelaufen war. Wobei ich nun durch die Recherche weiß, dass ich sogar schon mal einen Bezugspunkt zur Ford A-Serie hatte und sie vielleicht doch nicht so vergessen ist, wie ich anfangs dachte. Nicht nur dank der großen Ford-Szene in Großbritannien sind die leichten Nutzfahrzeuge nicht ganz vergessen, auch Matchbox hat seinen Teil dazu beigetragen. Es gab anscheinend einen Sattelauflieger mit einer A-Serie als Zugfahrzeug und eine Version mit Kofferaufbau. Und ich habe gestern Abend tatsächlich ein paar Stunden auf dem Dachboden gesucht und sie gefunden: Schon als Kind habe ich mit einer A-Serie gespielt. Ich habe es nur nicht gemerkt.

Und nun bin ich gespannt, was ihr meint. Kanntet ihr die Baureihe? Erinnert ihr euch vielleicht auch noch an A-Serien im Einsatz? Oder ist es für euch auch einfach nur ein altes, langweiliges Nutzfahrzeug? Ich habe auf jeden Fall ein Herz für so alte Alltagshelden.

Auf dass du noch viel von der Welt entdecken wirst, Big Brother!


Hier findet ihr die letzte Sichtung aus der „Entdeckt“-Reihe: Der Earl-Grey-Express

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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2 Responses

  1. Helmut sagt:

    Servus.Lars..die A-Serie kenn ich,den hatte von meinem Kumpel dem sein Vater, der war Kunstschmied, und ein normaler Transit war ihm zu klein,zuladung…Er hatte den in Grün,eine Pritschenversion. Und als Diesel..Weiss leider nicht wieviel Leistung er hatte.Gehabt hat ihn in den 80-ziger Jahren bis in die 90-ziger. War Damals schon Rar,hat man echt selten gesehen.. hab durch Zufall dein Video vom 124-ziger Entdckt…da hast ja was vor…

    • Watt'n Schrauber sagt:

      Hey Helmut,
      das ist ja cool, dass du den A-Serie noch kennst. Tatsächlich scheint das Mobil echt in Vergessenheit geraten zu sein – und war wohl, wie du ja auch meintest, echt selten.

      Beim 124er habe ich tatsächlich so einiges vor. Viel ist von der To-Do-Liste schon abgearbeitet, aber es ist auch noch viel zu tun. Aber noch gebe ich nicht auf – Blech ist bekanntlich geduldig. Und ich bin es auch 😉

      Liebe Grüße
      Lars

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