Vorsicht: BISSIG!
Ihr könnt euch an Henkelmännchen Motorschaden mit krassem Kolbenfresser erinnern? Genau darum soll es nun wieder gehen. Ich zeige euch heute so richtig krassen Pfusch.
Ihr dürft ruhig mit dem Kopf schütteln.
Heute wird es schlimm. So richtig schlimm. Falls ihr Nerven so dünn wie Angelsehnen habt, dann solltet ihr hier lieber nicht weiterlesen. Falls ihr hingegen auf waghalsige Abenteuer steht und euch selbst übelste Kampfspuren nicht stören, dann holt euch Popcorn und macht euch für mutige Aktionen bereit! Okay – das war jetzt vielleicht alles ein bisschen übertrieben. Nur eines nicht: Heute wird es wirklich schlimm. Ich möchte euch heute nämlich richtig großen Pfusch zeigen. Und zwar kein Pfusch von wegen, dass man einen Dübel mit Silikon in die Wand klebt oder so. Das wäre ja Pipifax. Ich lege heute noch ein paar Schippen drauf und ignoriere Schäden, die eigentlich gar nicht zu übersehen sind. Versteht ihr nicht? Ich springe mal ein paar Wochen zurück in die Vergangenheit und fange von vorne an.
Ich dachte, es wäre schnell erledigt. Es konnte ja eigentlich gar keine große Sache sein. Henkelmännchen, mein 1980er Golf 1 Cabriolet, lief in den vierzehn Jahren, die er schon bei uns wohnt, nie so richtig gut. Im kalten Zustand, im warmen Zustand lief er astrein. Zumindest, nachdem Olaf von Altblechfieber im letzten Jahr einiges an Pfusch mehrerer Werkstätten entfernt hatte. Nur dieses Stottern und Gewürge im kalten Zustand blieb, zudem qualmte Henkelmännchen ab und zu mal ordentlich blau. Also wirklich nur ab und zu. Wenn es alle zwanzig Fahrten mal vorkam, war das schon viel. Olaf maß die Kompression und merkte, dass auf einem Zylinder niemand mehr Zuhause war. Ein sehr komisches Phänomen, denn Henkelmännchen lief immer rund und hatte auch ordentlich Leistung. Wir tippten alle auf einen Kolbenring, der wohl gebrochen war. Eigentlich ja eine Kleinigkeit. Dachte ich. Doch dann nahm ich vor einigen Wochen den Motor auseinander…
Erstes kommt es anders…
…und zweitens als man denkt. Immer noch ein doofer Spruch – aber Henkelmännchen hatte tatsächlich eine kleine Oster-Überraschung für mich parat. Das ganze Drama könnt ihr in der kleinen Geschichte: „Henkelmännchens Herzprobleme“ nachlesen. Wenn ihr es nicht sogar schon habt. Teaseralarm: Henkelmännchen hatte richtig heftige Fressspuren an allen vier Kolben. Watt’n Mist. Und wirklich überraschend. Alle, die Henkelmännchen kannten, waren überrascht darüber, dass der Motor sogar so kaputt ist. Er lief halt wirklich noch richtig, richtig gut. Und ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich nach der Diagnose „Totalschaden am Motor“ machen sollte. Erst überlegte ich, den Block einmal durchzuhonen und mit neuen Kolben und Kolbenringen wieder zusammenzubauen. Das fiel aber aus, nachdem ich mir eine wirklich teure Honbürste gekauft habe: Es gibt einfach keine passenden Kolben mehr im Angebot. Watt’n Doppelmist.
Dann überlegte ich, einfach so einen anderen Motor reinzuhängen und weiterzufahren. Und auch wenn Bernhardt mich (Vielen, lieben Dank und schöne Grüße an dieser Stelle!) ganz spontan mit einem tollen Motor versorgte, habe ich mich ganz spontan für eine ganz andere Vorhergehensweise entschieden: Ich baute den alten Motor einfach wieder so zusammen, wie ich ihn auseinander genommen hatte. Mit neuen Dichtungen und neuem Zahnriemen, natürlich – aber nicht mit neuen Kolben. „Pfusch!“ werdet ihr nun sicherlich gegen euren Handy- oder Computer-Bildschirm schreien und gleich wütend in die Tasten hauen – aber hört mir kurz einmal zu, bevor ihr das macht. Es gibt nämlich tatsächlich einige Gründe, warum ich mich für diesen Weg entschieden habe.
Guter Pfusch ist keine schlechte Arbeit
Zum einen ist der Motorblock sowieso Kernschrott. Er dürfte inzwischen im dritten Auto sein Werk tun – und bei einem Zylinderkopfdichtungs-Wechsel wurde einmal vergessen, die Sacklöcher von Wasser und Öl zu befreien. Er hat feine Risse im Block, die garantiert durch Ausdehnen und Zusammenziehen mit der Zeit nicht besser werden. Auch die Zylinderwände sind nicht mehr taufrisch gewesen auf den zweiten Blick. Ihn aufzubohren und durchzuhonen hätte sich aber nicht mehr gelohnt – eben wegen der Risse an den Sacklöchern. Manchmal muss man einfach schauen, dass man nicht unnötig Geld versenkt. Das mache ich dann lieber mit einem Motor, bei dem die Basis auch passt – und nicht bei einem durchgenudelten Golf-Motor, von dem niemand weiß, wie viele Kilometer er schon gerissen hat. Wichtigster Grund war aber: Er lief ja. Und das richtig, richtig gut, sobald ein wenig Temperatur bekam. Also baute ich ihn einfach wieder zusammen.
Frei nach dem Motto: „Nun tun wir mal so, als hätten wir nichts gesehen“ und ganz ohne schlechtes Bauchgefühl, fing ich vier Wochen nach Zerlegung des Motors an, alles wieder zusammenzubauen. Früher ging es leider nicht, weil Elsa mir ja einen Finger gebrochen hatte – sie war bestimmt eifersüchtig auf all die Aufmerksamkeit, die Henkelmännchen bekommen hatte. Aber egal. Den Zylinderkopf machte ich sauber, verpasste ihm neue Stehbolzen und baute auch alles wieder soweit zusammen, dass er wieder seiner Arbeit nachgehen konnte. Um den würde es mir tatsächlich leid gehen, wenn der Motor plötzlich explodieren würde. Er ist gerade, praktisch nicht verschlissen und nach neue Ventilschaftdichtungen. Übrigens auch ein Grund, warum ich den kaputten Motor einfach wieder zusammenbaue: Alle gebrauchten Motoren, die man nun bekommt, liegen in der Regel schon einige Jahre. Dementsprechend sind auch alle Simmeringe und Dichtungen hart – und die will ich vorher wechseln. Aber nicht im Sommer. Da will ich fahren.
Stück für Stück
Es ist also eigentlich nur eine Übergangslösung, die ich ausprobieren will. Wenn der Motor den Sommer hält: Super! Und wenn er vorher hochgeht, dann ist es eben so. Dann sehe ich den neuen Zahnriemen und die neuen Dichtungen als Lernmaterial an. Schließlich habe ich noch nie vorher einen EA827 zerlegt oder wieder zusammengebaut. Ehrlich gesagt noch gar keinen Motor. Learning by doing und so. Und das mache ich tatsächlich lieber an einem Motor, der sowieso kaputt ist, als an einem Motor, der gerade frisch überholt wurde. Könnt ihr aber sicherlich auch verstehen, oder? Wobei so ein EA827 eigentlich echt einfach aufgebaut ist. Einfacher sind gefühlt nur noch RedBlocks von Volvo. Wie so Klemmbausteine baute ich ein Teil auf das andere.
Die Kolben kamen wieder an ihren Platz, der Kopf wurde wieder komplettiert – und dann ging es auch schon ans Eingemachte. Neue Kopfdichtung, vorher noch ein paar alte Kopfschrauben als Führungsbolzen abgeschnitten und zurecht gemacht und schon konnte der (eigentlich schöne) Kopf wieder mit dem Block verheiratet werden. Was übrigens auch auf die Shoppingliste kommen muss, ist ein neuer Krümmer. Der ist sechseinhalbtausend Mal gerissen und geschweißt und sieht echt gar nicht mehr gut aus. Mal schauen, ob sich da etwas finden lässt, oder ob ich auf einen guten Gebrauchten zurückgreifen muss. Das Wort „Fächerkrümmer“ nehme ich jetzt lieber noch nicht in den Mund. Ich will es ja nicht übertreiben. Henkelmännchen bringt so schon verdammt viel Spaß.
Zieh an!
Wahrscheinlich brauche ich euch gar nicht sagen, wie ich den Motor zusammengebaut habe. Kopf wurde vorsichtig raufgehoben, Schrauben eingesetzt und nach einem bestimmten Muster mit einer bestimmten Drehmoment-Reihenfolge angezogen. Das klappte eigentlich alles sehr, sehr unaufgeregt und easy. Genauso wie der Rest des Zusammenbaus. Den neuen Zahnriemen setzte ich noch auf und verpasste ihm einen neuen Spanner, kümmerte mich um Schläuche und Kabel, füllte Öl und Wasser auf und hatte, nach ein paar Stunden Arbeit, wieder einen kompletten Motor im Motorraum meines Golfs. Ganz ohne großes Drama. Das kam erst, als ich den Schlüssel gedreht hatte. Wie ich Henkelmännchens Motor zusammengebaut habe und warum ich ihn ein zweites Mal zerlegen musste, erfahrt ihr im Video:
Ja, das ist alles großer Pfusch, was ich gemacht habe. Aber er funktioniert. Und er funktioniert sogar richtig gut. Auch, wenn ich im Video etwas von 1000 Kilometern gesagt habe, sind es inzwischen sogar schon 1500 Kilometer, die Henkelmännchen nach der Motor-Aktion abgespult hat. Ohne Ölverbrauch, ohne Qualmerei und viel wichtiger: Ohne einen Kolben aus dem Block zu schießen. Hätte ich Hein nicht als Projekt, wäre meine Vorhergehensweise wohl auch eine andere gewesen. Dann hätte ich mir die Zeit wohl genommen, um Henkelmännchen gleich ordentlich zu machen. So waren es aber erst einmal nur rund 90 Euro, die ich für Teile investiert habe und die mich hoffentlich über den Sommer bringen. Dann ist Hein wohl auch schon ein ganzes Stück weiter und braucht vielleicht auch nicht mehr so viel Aufmerksamkeit. Den neuen Motor werde ich mir nebenbei aufbauen und dann im Zuge einer Motorraum-Restauration ins Auto umbauen. Erst einmal bin ich aber noch gespannt, wie lange der kaputte Motor noch halten wird. Wahrscheinlich lange.
Denn nichts hält so lange wie ein Provisorium.
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