Feierabenschrauben: Vergniesgnaddelt

Manchmal hat man kein Glück – und dann kommt auch noch Pech dazu. Das kennt ihr ja.

Eigentlich wollte ich an Harald nur ein Ölwechsel machen. Das ging aber etwas schief…

Es könnte so einfach sein.

Es war wohl einfach nicht meine Woche. Erst flogen mir bei Henkelmännchen fast die Reifen und die Spritschläuche um die Ohren und als ich dann an einem Samstag auf gleich zwei Oldtimertreffen fahren wollte, pieselte Elsa aus einem ihrer Spritschläuche. „Doof gelaufen“, dachte ich. Aber weil ich für den Tag nichts anderes geplant hatte, entschied ich mich, den fälligen Ölwechsel an meinem Daily-Diesel Harald zu machen. Vielleicht habt ihr ihn schon ganz vergessen, denn es ist schon ein paar Monate her, dass ich über ihn geschrieben habe. Aber er läuft einfach nur, mein Golf 4 Variant mit dem 1,9er TDI. Alle zehntausend Kilometer gönne ich ihm neues Öl – und dann geht es weiter. Und da ein Ölwechsel nicht lange dauert, wollte ich ihn schnell einmal machen. Also habe ich ihn erst einmal auf Betriebstemperatur gefahren und bin anschließend auf die Hebebühne und habe ihn aufgebockt. Dann noch die Ölablasschraube raus und den Ölfilter auch gleich getauscht. Soweit, so gut.

Harald hat eine Ölwanne aus Aluminium. Das heißt, dass das Gewinde der Ölwanne relativ empfindlich ist. Deshalb habe ich nicht nur jedes Mal eine neue Ölablassschraube genommen, sondern sie auch ganz vorsichtig von Hand reingedreht und mit dem richtigen Drehmoment festgezogen. Und so wollte ich es auch letzte Woche Samstag machen. Erst drehte ich die Schraube von Hand rein, dann nahm ich den Drehmomentschlüssel, den ich brav auf 30 Newtonmeter eingestellt hatte und schraubte los. Und schraubte weiter. Und schraubte noch weiter. Und noch weiter. Irgendwann wurde ich dann doch etwas stutzig. Eigentlich hätte die Schraube doch schon lange fest sein müssen… Ich nahm vorsichtig den Drehmomentschlüssel weg und sah, dass die Schraube auch schon anlag. Also waren es wohl nur noch ein paar Gewindegänge. Ich setze ihn wieder auf und drehte und drehte und drehte. Irgendwann versuchte ich sie zu lösen, weil es mir komisch vorkam.

Aber es passierte nichts.

Die Schraube ging weder vor noch zurück. Das Gewinde in der Ölwanne hatte sich also verabschiedet. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht wurde es früher schon einmal zu fest angezogen. Oder die 30 Ölwechsel, die der Wagen bisher in seinem Leben hatte, haben das Gewinde einfach ermüden lassen. Ich konnte und kann es mir nicht so ganz erklären. Auf jeden Fall war der Tag damit gelaufen. Öl einfüllen wollte und konnte ich so nicht – und eine neue Ölwanne konnte ich mir auch nicht mal eben aus der Hüfte schneiden. Watt’n Schiet. Also ließ ich Harald wieder runter, klemmte die Batterie sicherheitshalber ab (Damit niemand aus Versehen startet) und schob ihn von der Bühne zurück in sein Carport. Meine Laune war damit echt auf einem richtigen Tiefpunkt. Vier von fünf Autos (Ja, ich zähle Hein mit) waren außer Gefecht. Nur mein V40 blieb mir – der zum Glück ganz brav fährt. Es ist auch ein echtes Luxusproblem – trotzdem hat es genervt. Das war alles in ganz kurzer Zeit.

Ich jammerte sowohl Jürgen als auch Wolfi vor, dass noch ein Auto kaputt war. Naja, falsch. Ich hab noch viel mehr Leuten vorgejammert, aber mit Jürgen und Wolfi bin ich ins Brainstorming gegangen. Rund einhundert Euro kostet eine neue Ölwanne, aber beide meinten, dass ich doch einfach ein anderes Gewinde reinschneiden könnte. Wolfi schickte mir sogar einen Reparatursatz, der für genau solche Fälle konzipiert wurde. Erst war ich ja ein wenig kritisch – aber als Jürgen mir dann sagte, dass ich ja mit 13,25 Euro viel Geld gegenüber den 100 Euro (plus Dichtmasse und Dichtungen) sparen würde, hatte er mich doch überzeugt. Vielleicht bin ich ja doch ein kleiner Geizhals. Aber recht hatten Wolfi und Jürgen ja. Kaputt war die Ölwanne ja sowieso. Warum sollte ich sie also nicht retten? Don’t waste the waste. Und the money – oder so. Also bestellte ich das Reparaturset.

Spanferkel

Doch bevor ich das Reparaturset anwenden konnte, musste die neue alte Schraube erst einmal aus der Ölwanne raus. Und das habe ich heute gemacht. Beim Feierabendschrauben. Erst habe ich versucht, etwas zu hebeln – das brachte aber nichts. Abhilfe schaffte dann recht schnell eine alte Gripzange von Gedore. Gleichzeitig nach hinten ziehen und drehen – das war der Trick, mit dem sich die Schraube schnell herausziehen ließ. Naja… „recht schnell“ war es vielleicht nicht. Ich hatte es zuerst auch noch mit einer Wasserpumpenzange und einer Kombizange versucht. Und mit einer Kombizange in Verbindung mit zwei Schraubenziehern – aber dafür fehlte mir einfach ein dritter Arm. Falls ihr das Problem also auch mal habt, dann kann ich so eine alte Gripzange nur empfehlen. Aber geht damit vorsichtig um – nicht, dass ihr euch eure Ölwanne noch kaputt macht. Und stellt eine Schale drunter! Obwohl ich dachte, dass die Ölwanne leer war, kam doch noch ein Schwall Öl raus, als ich die Ablassschraube endlich draußen hatte. Natürlich mitten ins Gesicht. Geil!

Aber nicht nur Öl kam mit. Auch die Überreste des alten Gewindes. „Aber Metallspäne haben doch nichts in einem Motor zu suchen!“, werden jetzt einige von euch wütend und sabbernd schreien. Und da habt ihr recht. Tatsächlich hatte ich da auch etwas Bauchweh. Aber denkt doch mal nach: Unten am Ansaugschnorchel der Ölpumpe sitzt ein Sieb. Da können grobe Stücke schon mal nicht durch. Von der Ölpumpe geht es dann in den Ölfilter – und da bleibt dann auch der ganze feine Scheiß hängen. Trotzdem habe ich geschaut, möglichst alles an Spänen rauszubekommen, bevor ich mit dem Gewindeschneider anfing. Beim Gewindeschneiden fallen zwar auch Späne an – aber da hatten sowohl Jürgen als auch Wolfi einen guten Tipp für mich. Und natürlich verrate ich den auch. Wenn ich mir mein Gesicht sauber gemacht habe…

Fette Sache!

Wenn man richtig viel Fett auf den Gewindeschneider schmiert, dann sollte der Großteil der Späne daran hängenbleiben – und nicht in die Ölwanne wandern. Und genau das habe ich getan. Wobei ich sagen muss, dass mich dieser Schritt, also das neue Gewinde in die Ölwanne schneiden, doch ziemlich nervös gemacht hat. Viele Versuche hat man da nämlich nicht. Genauergesagt nur einen einzigen. Und weil alle meine Halter für die Schneideisen viel zu groß waren, habe ich den Gewindeschneider mit einem Ratschenschlüssel betätigt. Geht zwar auch, aber die Wahrscheinlichkeit, dass das Gewinde nachher schief drin ist, ist doch deutlich höher. Und dann dichtet die Schraube nicht ab, man kann kein neues mehr reinschneiden und man kann sich doch eine neue Ölwanne bestellen. Dann muss man nur noch hoffen, dass alle Schrauben aufgehen und man beim Zusammenbau nicht zu viel und nicht zu wenig Dichtmasse verwendet hat. Das wäre alles doof.

Ich war wirklich nervös und hab auch gefühlt fünf oder sechs oder sieben (vielleicht auch zehn) Mal angesetzt, damit der Gewindeschneider ja richtig sitzt, bevor ich anfing zu drehen. Das ging dann aber recht unspektakulär. Der Gewindeschneider, der beim Set dabei war, ging echt wie durch Butter und schnitzte mir ein neues Gewinde in die Ölwanne. Immer, wenn ich ein Drittel des Weges geschafft hatte, drehte ich den Gewindeschneider noch einmal zurück, um ihn schon einmal von den Spänen zu befreien und neu einzufetten. Ein bisschen Schmierung ist immer gut. Am Geschwindeschneider habe ich vorher übrigens abgemessen, wie weit die Schraube denn reinreicht, um auch nicht zu weit zu schneiden. Irgendwie hatte ich Angst, irgendwann an der Unterseite der Ölwanne anzustoßen. Das wäre doof gewesen. Ist aber nicht passiert.

Span-nend

Hier noch einmal ein Bild, wie das Fett an dem Gewindeschneider die Späne bei sich hält. Zumindest die meisten. Ein paar konnte ich noch mit einem kleinen Schraubenzieher rausziehen – und für den Rest habe ich einfach etwas Öl in den Motor gekippt. Vielleicht sind die Späne, die noch drin waren so rausgespült worden. Wobei da eigentlich nicht mehr viel gewesen sein kann. Und wenn sich doch noch irgendwo einer versteckt hatte, dann wisst ihr ja. Ölsieb und Ölfilter und so. Da wird sich auch nichts zusetzen. Bevor ich die Schraube reingedreht habe, habe ich noch einmal alles mit Bremsenreiniger sauber gemacht, auch das ganze Werkzeug (und meine Hände) vom Fett befreit und erst einmal ein wenig aufgeräumt. Das würde der restlichen Garage auch gut tun – aber man kann ja nicht alles auf einmal haben.

Die neue Ölablassschraube ging auf jeden Fall spielend leicht von Hand rein. So, wie es sein soll. Auch dieses Mal stellte ich den Drehmomentschlüssel auf 30 Newtonmeter und schraubte vielleicht eine halbe Umdrehung, bis der Drehmomentschlüssel knackte. Das Gewinde schien – und scheint – also wohl zu halten. Ich suche also noch schnell einen Messbecher und kippte Schluck für Schluck das gute Castrol 5W30 Longlife Öl rein. Ich weiß, dass nun wieder welche meckern und sagen, dass das viel zu teuer oder zu schade oder sonstwas wäre. Fakt ist: Harald schmeckt es. Ich habe mal eine Ölanalyse machen lassen und für mein Fahrprofil ist es perfekt. Und deshalb kommt es da auch rein. Selbst würde ich es aber nun nicht unbedingt trinken. Ich hätte gerade viel eher mal Lust auf eine Apfelschorle.

Wieder ganz dicht

Nachdem ich das Öl aufgefüllt und wieder alles dicht hatte, ging es auf Probefahrt. Es ist komisch, wie sehr man sich hinter dem Steuer eines Autos doch Zuhause fühlen kann. Seit sieben Jahren gehört Harald mir und hat mich rund 200 000 Kilometer bewegt, das hat anscheinend Spuren hinterlassen. 20 Kilometer fuhr ich durch den herrlichen Regen, den die Natur echt gebraucht hat. Harald schnurrte, die Musik spielte und die Klima kühlte. Mehr will ich immer noch nicht von einem Auto. 390 000 Kilometer hat der rote Schnurrbartträger jetzt übrigens gelaufen. Mein persönliches Ziel ist die halbe Million. Bisher sind die Kupplung, der Turbo und die Lichtmaschine noch die Erstausrüstung. Nur das Gewinde der Ölwanne ist nun das zweite. Achja – das hält übrigens dicht. Als ich die Hebebühne nach der Probefahrt wieder runterfuhr, überlegte ich noch kurz, die Unterbodenwanne wieder unterzubauen. Aber das mache ich heute nicht mehr.

Ich hab ja schließlich Feierabend.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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3 Responses

  1. thorsten sagt:

    Hey Lars,

    das hast du gut gemacht. Ich hätte wahrscheinlich eine Buchse eingeklebt, weil ich die sowieso habe (Time Sert von Würth), aber letztenendes ist es egal. Leichtmetallteile sind nunmal meist nicht für Dauerschraubereien gebaut, deswegen wurden die Helicoils tatsächlich mal für die Luftfahrt erfunden. Diese sind aber an dieser Stelle ziemlich ungeeignet, weil sie sich entwededer ewig wieder mit herausdrehen oder irgendwann in der Ölwanne liegen. Eine Buchse mit Kragen oder grössere Ablassschraube ist bedeutend besser. Da muss man den teuren Aluklumpen nicht gleich entsorgen, reparieren ist bedeutend nachhaltiger. Ich mag solche Lösungen ja und stehe auf reparieren….

    Thorsten

    • Watt'n Schrauber sagt:

      Hey Thorsten,
      das mit dem Reparieren geht mir ja genauso. Die Buchsen kannte ich bisher gar nicht – halten die auch auf lange Sicht gut? Das mit der größeren Ablassschraube hat super geklappt. Bisher ist alles dicht und es wird wohl nochmal wieder 400 000 Kilometer halten. Hoffe ich zumindest 😉
      Liebe Grüße
      Lars

      • Thorsten sagt:

        Hey Lars,
        Die Buchsen mit Kragen haben genauso ein Gewinde aussen wie die Helicoils, da ist aber ein Senker dabei um den Kragen zu versenken. Der Kragen verhindert ein hineindrehen, was ja z.B. bei Züdkerzengeinden fatale Folgen haben könnte. Ich klebe die dann mit Schraubensicherung oder Gewindedichtung ein, damit sie sich nicht wieder herausdrehen und/oder dicht sind. Korrosionsbilung ist durch das Einkleben auch fast ausgeschlossen. Normal hält das ewig und ist stabiler als das Originalgewinde.

        Grüsse!

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