Hey Diesel, du alter Sündenbock.
Nun ist es soweit. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem „Dieselverbot“ zugestimmt.
Dieselbesitzer und der Dieselmotor verstehen nichts mehr. Ich habe es ihm mal erklärt.
Hey Diesel, du alter Sündenbock. Wie geht’s, wie steht’s?
Ich habe es schon gehört. Im Moment geht es dir nicht so gut. Viel Stress und so. Der Druck von außen wird meist größer als der Druck in deinen Zylindern. Ja, keine schöne Sache. Worum ging es noch? Achja. Um deinen schlechten Atem. Unangenehmes Thema, oder? Um Ruß geht es. Und um Feinstaub. Die Stickoxide darf man auf keinen Fall vergessen. Aber das CO2 dürfen wir inzwischen außer Acht lassen. Das ist Dreck von gestern. Aber trotzdem. Es wird dir schon eine Menge angelastet, du alter Kettenraucher. Du verstehst es nicht ganz? Lass es mich dir mal erklären.
Ich muss ehrlich zu dir sein. Eigentlich ist es ein Wunder, dass du überhaupt so erfolgreich geworden bist. Ja, ich weiß, das hört sich jetzt hart an, aber ich will ja ehrlich zu dir sein. Du bist ja schon ein echt komplizierter Kollege geworden. Immerhin machst du immer noch dein eigenes Ding. Du brauchst nicht erst einen fremden Funken, um den Arsch hochzubekommen – nein, du machst einfach dein eigenes Ding. Du findest selbst genügend Motivation. Ein richtiger Selbstzünder. Aber früher warst du einfach nur ein stämmiger Typ. Aber das musstest du ja auch sein, du brauchtest ja Kraft. Erst hast du in Fabriken gearbeitet, hast später in allenmöglichen Nutzfahrzeuge gemacht und bist dann auch noch in die PKW-Sparte umgesiedelt. Deine Kraft wurde gelobt, auf dich konnte man sich auch verlassen. Du brauchtest nicht den Luxus einer Zündanlage oder eines komplizierten Vergasers – ein bisschen kühlendes Wasser, für die Gelenke ein wenig schmierendes Öl und genügend Treibstoff – und du hast langsam und stoisch tagelang, nein, was sag ich, jahrzehntelang deine Arbeit verrichtet.
In Flugzeugen gab es das schon lange, dass man deinen Flugkollegen kleine Atemhilfen verpasst hat. „Turbolader“ nannte man das. Irgendwann kamen die Menschen auf die Idee, dass du so etwas auch in der PKW-Sparte gebrauchen könntest. Ein bisschen mehr Luft und ein bisschen mehr Treibstoff – und auf einmal warst du sogar in der Lage Sprints hinzulegen, die sich wirklich gewaschen hatten. Und auch hier hast du deine Zuverlässigkeit nicht verloren – im Gegenteil. An Sparsamkeit konntest du sogar noch gewinnen. Dein Kollege Otto schaute so langsam wirklich in die Röhre.
Du warst auf einem Erfolgstrip. Inzwischen warst du sparsamer, zuverlässiger und (im Sprint) sogar noch schneller geworden als dein Kollege Otto. Doch dann kamen die ersten Leute, die deinen schlechten Atem sahen. Du machtest kein Geheimnis daraus, das Ergebnis deiner geleisteten Arbeit zu zeigen. Ruß war das Stichwort. Dein Atem war voll davon. Die Leute bekam Angst. Ruß sollte ja schließlich krebserregend wirken. Und wenn du so viel davon ausatmen würdest – das konnte ja nicht gesund sein. Man konnte es ja sehen. Das konnte so nicht weitergehen – ab hier wurde es kompliziert. Du musstest besser überwacht werden und auf deine Ernährung und Atmung achten. So bekamst du Sensoren und Aktoren verpasst, die die richtige Menge Kraftstoff zur richtigen Zeit bestimmen sollten, um ein Rußen zu vermindern und ein Ventil, dass dich deine bereits geatmete Luft noch einmal atmen ließ und gleichzeitig die Verbrennungstemperatur und dadurch den Ausstoß an Stickoxiden senkte. Der Müll, den du nun nicht mehr ausatmen konntest, blieb zwar nun in dir, aber dein Atem war ein ganzes Stück sauberer. Fast gleichzeitig verpasste man dir nun immer häufiger eine Direkteinspritzanlage, die dir deinen Treibstoff gleich in die Zylinder drückte. Das trieb den Stickoxidausstoß zwar wieder ein wenig hoch, aber dafür konntest du noch effizienter arbeiten.
Du führtest ein ruhiges Leben. Mit deinem Kollegen Otto verstandest du dich gut. Leute, die viel fuhren, nahmen lieber deine Hilfe in Anspruch, während Leute mit einer geringeren Jahreskilometerleistung eher auf Otto vertrauten. Während Otto weniger Steuerzahlungen verlangte, gabst du dich mit dem günstigeren Treibstoff und mit weniger Verbrauch zufrieden.
Doch irgendwann wurde auch Otto weitergebildet. Man hatte ihm eine neue Wirkungsweise beigebracht. Weg von Vergasern und Saugrohreinspritzungen, hin zur Direkteinspritzungen. GDI, TFSI oder nur FSI nannte man Otto mit Nachnamen plötzlich. Von der Wirkungsweise her funktionierte dein alter Kollege Otto mit seinen neuen Nachnamen eigentlich gar nicht einmal so viel anders wie du. Auch ihm wurde nun der Treibstoff direkt eingespritzt und er konnte ihn effizienter im Teillastbereich nutzen. Nur mit einem Vorteil – Otto musste keinen Ruß ausatmen. Naja, eigentlich musste er das schon. Aber das wurde nicht erzählt, schließlich sollten die neuen Direkteinspritzer ja gekauft und die Wirtschaft angekurbelt werden. Die Zeiten wurden dunkel für dich. Es kam zur Feinstaubdebatte. Es gab auf einmal vermehrt Feinstaub in Städten. Der Ruß deines Atems wurde schnell als Verursacher festgestellt – ohne wirkliche Beweise. Es kam zu „Umweltzonen“ in Städten, in die du auf einmal nicht mehr hinein durftest. Viele Leute verzichteten auf einmal lieber auf deine Hilfe und wechselten zu Benzindirekteinspritzern, die ja auf einmal nicht nur fast so sparsam wie du, sondern auch noch viel sauberer sein sollten. Einige Leute mussten sogar auf deine Hilfe verzichten, obwohl sie es gar nicht wollten, aber mit dir nicht in die Umweltzonen kommen konnten. Kurz darauf gab es dann noch eine „Umweltprämie“, die auf alle möglichen alten Autos anzielte und auch viele ältere Versionen von dir in die ewigen Jagdgründe schickte.
Doch du bekamst Hilfe. Schon lange hatte man dir zum Versuch immer mal einen Filter vorgesetzt, der den Ruß aus deinem Atem filtern sollte. Rußpartikelfilter nannte man den. Alle hielten ihn für den großen Wurf. Auf einmal war dein Atem nicht nur sauber, sondern rein. Du solltest wieder auf die Beine kommen. Man machte viel Werbung für dich und gab dir Namen wie „BlueMotion“, „BlueTec“, „efficient dynamics“ oder „DRIVe“. Du wurdest immer sparsamer, verlorst dabei aber nicht an Kraft. Dass nur die groben Rußpartikel gefiltert wurden und die kleinen, lungengängigen Partikel weiterhin von dir ausgeatmet wurden, das störte eigentlich keinen. Schließlich warst du ja jetzt sauber. Und sparsam. Und die Lösung aller Probleme. Besonders in Sachen Klimawandel.
Doch dann kam heraus, dass deine Hilfe nicht so ehrlich war, wie du und die Kunden es vermutet haben. Dir wurde häufig eine Software verbaut, die erkannte, dass du auf einem Prüfstand warst. Diesem Prüfstand wurden dann falsche Abgaswerte vermittelt. In Wahrheit war dein Atem immer noch nicht so sauber, wie die Gesetze es gerne hätten. Und auf einmal kam der aktuelle Stein ins Rollen. Erst war es nur Volkswagen, die schummelten. Dann auf einmal auch Mercedes. Und Opel. Und alle möglichen anderen Marken. Und auf einmal warst du doch nicht mehr der Retter. Du bist nun der Sündenbock, du alter Lügner.
Feinstaub oder CO2 – Ausstoß sind nun auf einmal nicht mehr so wichtig. Nun geht es um Stickoxide, von denen dein Kollege Otto genauso betroffen ist. Aber er hat ja nicht gelogen – oder es wird bisher noch verschwiegen, schließlich sind ja momentan eine ganze Reihe neuer Benzin-Direkteinspritzer auf dem Markt. Sogenannte „Downsizing“-Motoren, die möglichst klein und sparsam sind. Außerdem gibt es einen neuen Konkurrenten. Das Auto mit Elektroantrieb. Das arbeitet ganz ohne zu atmen, wenn man nicht gerade die Herstellung des Stroms im Hinterkopf hat. Noch viel besser! Nun musst du also wieder weg. Also nicht ganz, schließlich nimmt der Staat ja noch eine Menge Geld mit dir ein, aber zumindest darfst du in Zukunft nicht mehr in einige Städte rein, wenn du in einem PKW sitzt, der Euro5 oder schlechter hat. Ein paar ältere Versionen deines Kollegen Otto sind zwar auch betroffen, aber dich trifft es doch noch härter.
Nun gibt es extra Diesel-Abwrackprämien, die dabei helfen sollen, dich einzudämmen und kleinzumachen. Du sollst von den Straßen verschwinden. Ältere Versionen von dir werden für einen Haufen Geld verschrottet (Du fragst dich sicherlich warum, wenn du früher gar keine Stickoxide oder Feinstaub produziert hast?), wenn sich der Besitzer für eine Euro-6-Version von dir entscheidet oder zu einem Otto- oder Elektro-Motor greift. Die Schrottplätze werden momentan von Autos überflutet, die dich in sich tragen und eigentlich noch perfekt funktionieren. Das soll nun Umweltschutz sein, fragst du dich? Ja, genau. Das soll es. Angeblich. Schließlich verschwinden alte Autos einfach so – und neue PKW wachsen auf Bäumen, man muss sie einfach nur noch pflücken. Aber diese Prämie und die Fahrverboten geschehen dir ja auch recht. Schließlich bist du ja auch an allem Schuld – an der schlechten Luft und so. Nur du. Du ganz alleine. Auch nicht die Leute, die dich benutzen, um ihre Kinder morgens 500 Meter zur Schule zu fahren oder zweihundert Meter zum Bäcker fahren.
Aber weißt du was, Diesel? Ich glaube, deine Zeit ist noch nicht vorbei. In ein paar Jahren wirst du wohl wieder dein Comeback erleben. So, wie es vor zehn Jahren passiert ist. Vielleicht heißt es dann nicht mehr „BlueMotion“, sondern „GreenMotion“, aber das kann dir ja egal sein. Dann werden die Leute nämlich merken, dass die modernen Benzin-Direkteinspritzer doch gar nicht so umweltfreundlich sind, wie viele dachten. Vielleicht werden sie dann auch darauf kommen, dass ein Elektroauto im Betrieb umweltfreundlich sein mag (gerade, wenn die Energiewende vollzogen wurde), die Herstellung (besonders der Akkumulatoren) irgendwie genau das Gegenteil bewirken.
Und genau dann wirst du dein Comeback erleben. Und wenn nicht? Dann arbeitest du halt in großen Schiffen, in Bussen, Bahnen und LKW oder als Notstromaggregat weiter. Wahrscheinlich wurdest du dann von der Brennstoffzelle abgelöst – und auch, wenn es hart klingt, aber die ist wirklich besser als du. Aber mach dir nichts draus. In meinem alten Golf darfst du auch weiterhin arbeiten.
Was ich tun werde, damit ich die Luft weniger verdrecke, fragst du dich nun sicherlich. Ich werde öfter mal auf deine Hilfe verzichten und zu Fuß laufen. Oder das Fahrrad nehmen – ist ja auch viel gesünder. Zugfahren soll ja auch entspannen. Und für lange Strecken werde ich mein altes Auto behalten. Dann braucht nicht erst ein Neues hergestellt werden.
Nachhaltigkeit nennt man sowas. Also, verhältnismäßig.
Das war ein kleiner, ironisch gemeinter Kommentar zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Städte und Kommunen, bei denen der Stickstoffgrenzwert überschritten wird, dürfen nun über Fahrverbote für Dieselfahrzeuge selbst entscheiden – solange es in einem verhältnismäßigen Rahmen passiert. Die „Verhältnismäßigkeit“ ist aber nicht genau festgelegt und bietet natürlich so einen großen Spielraum. Von einer einzelnen Straße bis zur ganzen Innenstadt kann das Fahrverbot so nun erhoben werden. Ob es etwas bringt? Ich bezweifle es – gerade langfristig mit der Herstellung neuer PKW, die bei diesen Diskussionen immer außer Acht gelassen wird. Genauso stoßen Schiffe, Flugzeuge, Heizungen und Fabriken Stickoxide aus – die aber in keinem Wort erwähnt werden. Den Diesel (der Direkteinspritzer-Benziner ist ja genauso schlimm) und das Auto als Sündenbock zu vermarkten und neue Autos zu verkaufen, stößt nach dem Dieselskandal halt auf fruchtbaren Boden. Ich sehe es eindeutig mehr als ein Ankurbeln der Wirtschaft als das Ankurbeln des Umweltschutzes – aber von der Wirtschaft leben wir nun einmal. Und nicht vom Umweltschutz. Denn nachhaltiger wäre es die alten Diesel-PKW ohne Partikelfilter oder ähnlichen Reinigungsvorrichtungen am Leben zu erhalten und nicht sinnlos wegzuschmeißen. Das bringt überhaupt nichts.
Interessant hierzu auch dieser Artikel des WDR:
Warum Fahrverbote alleine nicht ausreichen.
Eure Meinung würde mich wirklich interessieren. Schreibt sie ruhig als Kommentar hierdrunter, gerne aber auch bei facebook oder per Mail: larsdithmarschen (ät) web.de
Hallo Lars,
Sehr schöner Artikel von Dir.
Weisst Du was passiert, wenn die alten Diesel jetzt eingetauscht werden, die werden exportiert und fahren im Süden unserer Erde in Asien, Afrika weiter.
Hey Jean-Pierre,
leider werden sie wahrscheinlich nicht exportiert – die Autos müssen verwertet werden. Eine Schande. Die Autos hätten noch alle ein langes Leben vor sich….
Schöne Grüße
Lars
Unglaublich guter Artikel, so elegant hätte ich das nicht formulieren können, denn dieser gesamte verlogene und heuchlerische Irrsinn macht mich langsam nur noch zornig.
Aber so lange „der deutsche“ das ohne murren mit sich machen lässt, geht es ihm offenbar noch gut genug.
Den größten Witz habe ich mal gesehen, ein Foto wo ein Test-Elektroauto (ich glaube ein I3) mit einem uralten mobilen Stromaggregat aufgeladen wurde… Aber das war mehr als nur ein witz, denn momentan fahren die meisten Elektroautos mit Braunkohle, oder dem guten belgischen Atomstrom… Aber die sind ja soooooo sauber!
Hey Maik,
wirklich „zornig“ macht mich das nicht. Ich finde es eher amüsant. „Umweltprämie“ nennen sie es – eine „Wirtschaftsprämie“ ist es aber. Aber hilft es? Ohne Wirtschaft wäre auch doof.
Ich finds wirklich lustig, wie viele Leute nun in Panik verfallen und ihre Kisten verschrotten lassen. E-Autos sind eh der größte Witz. Aber hey? Was hilft dagegen? Außer es selbst besser zu machen und über die anderen zu schmunzeln? Ich glaube, nicht viel.
Schöne Grüße
Lars
Hi Lars
Perfekt geschrieben, Kompliment!
Ich glaube, euer grosses, schönes Land kann und will dieses Problem gar nicht lösen. Grund: die Abhängigkeit der Wirtschaft von der Autoindustrie ist viel zu gross. Eine brummende Wirtschaft macht den Staat glücklich, welcher sich hüten wird, dem Goldesel Autobranche Fesseln anzulegen. Man hat das ja beim Dieselgipfel gesehen. Nun: ich begrüsse das Urteil sehr. In mehrerer Hinsicht: erstens die Chance zu ergreifen, endlich mal EHRLICH bessere Technologien zu entwickeln. Es gibt sie, bin ich überzeugt. Zweitens als Asthmatiker, glaub mir, im Sommer ist das Leben damit nicht einfach und damit hat auch der Verkehr zu tun. Drittens als Autofreak, weil ich wie du auch den nächsten Skandal mit den Benzindirektrussern schon vor Augen habe. Das macht mir meine Leidenschaft madig und damit haben Industrie wie Politik vor allem der Autonationen, die einfach Augen und Ohren schliessen vor den Problemen, viel zu tun. Nun denn: hier in der Schweiz sehen wir das entspannter. Bei uns zählt die Stromerzeugung nicht, das macht Elektro tatsächlich sauberer (hoher Anteil Erneuerbare). Und: eine für mich viel zu wenig propagierte Alternative ist Erdgas (nicht LPG), welches sehr gut verbrennt. Das kann (und wird hier) auch aus Kompost gewonnen. Gut für die CO2-Bilanz. Ich schätze aber, bei euch ist das immer noch kaum verfügbar. Ansonsten: ja, mehr Rad- und Fussverkehr oder wenigstens eine hie und da bewusste Verkehrsmittelwahl wäre doch gar nicht so schwierig….
Tach in die Schweiz!
Und willkommen unter den Kommentierenden :-).
Natürlich ist der Staat unheimlich abhängig von der Automobilbranche – schließlich arbeitet ja ein nicht gerade unerheblicher Teil der Bevölkerung irgendwie in oder für die Autoindustrie. Würde die Arbeitsplätze wegfallen – na, dann gute Nacht ;-).
Auch ich glaube, dass es natürlich bessere Alternativen gibt. Für mich ist es immer noch die Brennstoffzelle. Doch dazu muss der Markt ja erst einmal an den Elektro-Motor gewöhnt werden… Akku-Autos sind meiner Meinung nach totaler Mist.
Ich finde tatsächlich die Nutzung eher das Problem. Ist es wirklich notwendig die Kinder in einem fetten SUV 600 Meter zur Schule zu fahren? Oder wäre ein morgendlicher Spaziergang nicht vielleicht sogar gesünder?
Bei einer Sache bin ich bei dir: Ich hasse Abgase. Egal ob von Benzinern oder Diesel. Ich hasse Abgase. Mich würde es also auf keinen Fall stören, wenn die Luft ein wenig sauberer wird :-).
Schöne Grüße
Lars
Moin Lars,
das Thema hängt einem ja inzwischen komplett zum Hals heraus.
Eben habe ich im Fernsehen einen namhaften Professor für Pneumologie, also einen Lungenfachmann, zu dem Thema gesehen und gehört. Ich erlaube mir hier mal, seinen Beitrag aus den Stuttgarter Nachrichten hier einzufügen:
Nach Ansicht des Lungenspezialisten Dieter Köhler werden die Gesundheitsgefahren durch Autoabgase bewusst aufgebauscht – aber das will keiner hören.
Stuttgart – Kürzlich war er in Ludwigsburg. Ein zweitägiges Symposium zum Thema Autoabgase. Dieter Köhler (69) hat dort einen Vortrag gehalten, die offiziellen Gesundheitsstudien zu Feinstaub und Stickoxiden in Grund und Boden geredet. „Diese Studien“, sagt er, „sind eine der größten Seifenblasen, die es gibt.“
Veranstaltet wurde das Symposium von AVL – einer österreichischen Firma, die unter anderem vom Entwickeln und und Testen von Motoren lebt. Köhler, wohnhaft in Schmallenberg (Nordrhein-Westfalen), hat seine Reisekosten selbst bezahlt. „Ich bin kein Büttel der Autoindustrie“, sagt er, „ich bin einfach ein kritischer Rationalist.“
Professor Dr. med Köhler war unter den deutschen Lungenexperten mal eine große Nummer. Fünf Jahre lang, von 2002 bis 2007, war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, er lehrte an den Universitäten Marburg und Freiburg und war fast 28 Jahre lang ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft in Schmallenberg. Seit 2013 ist er im Ruhestand, was ihm nach eigenen Angaben vor allem eines gebracht hat: vollständige Unabhängigkeit.
Es geht um Jobs und Forschungsgelder
Köhler muss nichts mehr werden, hat keinen Job mehr zu verlieren. Deshalb sei er einer der ganz wenigen, sagt er, die sich erlauben könnten, die Studien zu Feinstaub und Stickoxiden zu kritisieren. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte sich der Chefarzt der Klinik für Pneumologie am Krankenhaus vom Roten Kreuz in Stuttgart, Martin Hetzel, getraut, Kritik an der Aufregung um die Feinstaubbelastung zu üben. Laut Köhler ist Hetzel ein kluger Mann. Ansonsten hält er von seiner Zunft und den Wissenschaftlern, die die Ergebnisse der Studien interpretieren, nicht mehr viel. Bei der Debatte um Autoabgase geht es seiner Ansicht nach in Wahrheit gar nicht um die Gesundheit der Bevölkerung. Es gehe um Arbeitsplätze und Forschungsgelder, um Opportunismus und um Ideologie. „Meine Kollegen bestätigen mir unter der Hand, dass ich Recht habe“, sagt Köhler. „Aber sie sagen dann: Das ist die falsche Botschaft.“
An Sevillas Straßen lebt man länger
Köhlers falsche Botschaft lautet: Die Gesundheitsgefahren durch Feinstaub und Stickoxide werden bewusst aufgebauscht. Die bisherigen Studien hätten allenfalls eine minimale Erhöhung des Gesundheitsrisikos an vielbefahrenen Straßen festgestellt, sagt er. Da aber der Einfluss von Feinstaub und Stickoxid auf die menschliche Gesundheit minimal sei im Vergleich zu Faktoren wie Rauchen und Alkohol und Sport. Die beiden letzten Faktoren seien in den Studien aber gar nicht berücksichtigt worden, sagt Köhler. Deshalb könne man aus diesen Werten keine verlässlichen Schlüsse ziehen – nur Trugschlüsse. „Laut den Studien leben die Leute in Sevilla an vielbefahrenen Straßen länger“, sagt er. „Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass Feinstaub das Leben verlängert, wäre genauso unsinnig wie das, was jetzt behauptet wird.“ Es sei auch kein Nachweis erbracht worden, dass Feinstaub in höherer Dosis mehr Schäden verursache als bei niedriger Dosis. „Daran hätte man schon merken müssen, dass etwas faul ist“, so Köhler. Im Übrigen gebe es auch keine biologische Erklärung dafür, „warum der Feinstaub das alles im Körper anrichten soll“.
Falsche Interpretationen
Methodisch seien die Studien in Ordnung, sagt Köhler, sie würden aber von der Wissenschaft völlig falsch interpretiert. „Das finde ich moralisch verwerflich“, sagt er. Der Politik gibt er an der Entwicklung weniger Schuld als der eigenen Zunft. „Man hat das Thema Stück für Stück aufgeblasen, bis die Politik nicht mehr anders konnte und irgendwelche Grenzwerte und Verordnungen erließ“, meint er.
Köhler selbst fährt einen Diesel, weil der weniger Kohlendioxid ausstößt. Das Treibhausgas, das zur Erderwärmung beiträgt, hält er für ein viel wichtigeres Problem. Das Gleiche gelte für die vielen Staus in Ballungsräumen „aber das sind ganz andere Probleme, für die man andere Lösungen bräuchte“, sagt er. „Im Moment müssen Städte wie Stuttgart ihr Geld für den Kampf gegen Feinstaub und Stickoxid verplempern.“ Geld, das an anderer Stelle fehle – zum Beispiel auch im Sozialbereich.
Kritik wird totgeschwiegen
Die Welt hat übrigens kaum davon Notiz genommen, dass Köhler kürzlich in Ludwigsburg war. Über das Symposium findet sich im Internet so gut wie nichts, Köhler selbst kam immerhin in einem Radiobeitrag vor. In der Regel werde seine Kritik einfach totgeschwiegen, sagt Köhler. Dass Stickoxide und Feinstaub das Leben verkürzen, hat sich in der öffentlichen Wahrnehmung von der bloßen Vermutung zur unumstößlichen Tatsache entwickelt. Köhler selbst will die Dinge weiter kritisch hinterfragen, macht sich über seinen Einfluss aber keine Illusionen. „Wenn alle in eine Richtung laufen“, sagt er, „dagegen kommst du nicht mehr an.“
Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, wie ich finde.
Gruß
Andreas
Noch ein interessanter Beitrag zu diesem Thema im Internet:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/dieselgate-2-die-erfundenen-toten-a-1198225.html
Hey Andreas,
wirklich sehr interessanter Artikel! Und ich glaube, da ist auch so einiges dran. Wobei ich die Quelle nun nicht wirklich einschätzen kann, da ich die Quelle nicht kenne.
Gegen frische Luft habe ich ja nichts einzuwenden – aber dieser ganze Dieselhass geht mir (genauso wie dir) extrem auf den Senkel. Die Autos sind nicht an allem Schuld.
Irgendwann heißt es, dass Autos Schuld an schlechter Musik sind….
Wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt! 😉
Schöne Grüße
Lars