Klar Schiff machen.

Das Projekt „LowbudgetBenz“ geht in die erste Runde. Der Mief muss endlich mal weg.SAMSUNG CAMERA PICTURESAlles stinkt, überall sind Flecken. Heins Innenleben wird aufgefrischt. Ganz ohne Hilfe.

Ich muss mich kurz setzen. Irgendwie ist mir ein wenig schwindelig. Außerdem ist mir das alles echt auf den Magen geschlagen. Ich atme tief durch. Ich fühle mich ein wenig so wie nach meiner kleinen Vergiftung mit der Tankversiegelung, mit der ich Elsas Tank vor einigen Jahren nach dem Schweißen von innen behandelt und zu viel von den Dämpfen eingeatmet hatte. Ich schaue kurz wieder auf Hein, der vor mir aufgebockt da steht. Irgendwie juckt mein ganzer Körper. Ich habe das Bedürfnis, mich vier Stunden unter eine Dusche zu stellen. Ich habe ja schon immer gewusst, dass Menschen manchmal echt eklig sein können. Aber so eklig? Ich hätte es mir eigentlich denken können. Nein – denken müssen.

Es war mir dann doch relativ schnell aufgefallen.

Es war auf der Überführungsfahrt vom Vorbesitzer nach Hause, als mir der Gestank das erste Mal auffiel. Als ich den Wagen vor dem Kauf anschaute und eine Runde mit ihm drehte, war es kalt draußen. Es hatte sogar geschneit. Da wurde mir der Geruch des Wagens nicht so bewusst. Auch auf die unzähligen Flecken in den Polstern hatte ich nicht geachtet. Mir war der technische Zustand des Wagens einfach wichtiger. Als mein Kumpel Karsten und ich dann aber in Richtung Heimat fuhren und den Fahrgastraum auf Wohlfühltemperatur brachte, fiel es uns beiden auf: Schön riecht er von innen nicht. Wirklich nicht. Eine Mischung aus Schweiß, kaltem Rauch und einem leichten Hauch von altem Urin mit Blasenentzündung entwich langsam den Sitzen, den Teppich, den Verkleidung und dem Fahrzeughimmel. Ein Glück öffnete sich da noch das Schiebedach ab 80 von alleine. So hatten wir wenigstens ein bisschen frische Luft.

Am ersten März begann die Saison für „Hein“ und auch gleich der Alltagseinsatz. In den drei Wochen, die der Wagen dann unter dem Carport auf seinen Einsatz wartete, hatte ich das gleiche Prozedere der Geruchsbekämpfung versucht, wie ich es vor zwei JahrenSAMSUNG CAMERA PICTURES bei „Harald“, meinem Alltags-Golf-Diesel, angewandt hatte. Damals wollte ich zum Pendeln unbedingt ein Auto kaufen, das weder ein Hunde- noch ein Raucherauto gewesen ist. Da ich meine Vorsätze aber immer konsequent durchziehe (Schließlich wollte ich ja eigentlich einen alten Kombi zum Reisen und habe nun Hein), kaufte ich ein Raucher- und Hundeauto. Dort habe ich den Geruch relativ schnell mit zwei offenen Dosen Kaffeepulver, ein paar Sprühstößen Febreze und viel Lüften in den Griff bekommen. Doch bei Hein half das nicht. Der Gestank blieb. Auf längeren Touren nahmen sogar meine Klamotten den Geruch an. Die Flecken auf den Sitzen sorgten im Unterbewusstsein auch irgendwie für Juckreiz. Ich wusste, dass ich bis zum Beginn meiner Reisen etwas ändern musste.

Nun, wo ich das Projekt „LowBudgetBenz“ gestartet habe, steht auf der „To-Do-Liste“ an dritter Stelle nach dem Instandsetzen der hinteren Bremsen und der Rostprobleme das Reinigen und „wohnlich“ machen das Innenraums. Und genau damit bin ich angefangen. Einmal klar Schiff machen.

Und dafür sollten die Sitze raus. Ich hatte vorher einige von euch auf der „Watt’n Schrauber“-Seite bei Facebook gefragt, wie ich die Sitze von Hein am besten reinigen könnte. Viele empfahlen einen professionellen Aufbereiter. Also fragte ich bei einem Aufbereiter in der Nähe nach, SAMSUNG CAMERA PICTURESentschied mich dann aber nach dem Umfallen wegen eines dreistelligen Preises dann doch für das Mieten eines ebenfalls häufig empfohlenen Waschsaugers, der mit 20€ am Tag doch wesentlich günstiger ist. Ich hatte nun ein Gerät von „Tuba-Clean“ und musste dann für 18,60€ noch ein Reinigungskonzentrat für Polster kaufen. Nicht gerade ein Schnäppchen, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Mit purem Wasser wäre es wohl nicht gegangen. Auch die Sitze konnten sich nicht wehren. Nach einem kurzen Studium des „So wirds gemacht“-Kapitel über die Sitze, hatte ich in gut einer dreiviertel Stunde die (wirklich schweren…) Sitze des Mercedes ausgebaut. Sogar ganz ohne Verletzungen. Recht unüblich für mich.

Doch die Freude hielt nicht lange an. Hein wird in zwei Jahren dreißig – und ist bisher durchgehend angemeldet gewesen. Dabei ist er auch kein fein gepflegter Ersthand-Mercedes mit fünfstelligem Kilometerstand. Ich bin der achte Besitzer der alten, blauschwarzen Limousine, der Kilometerzähler hat inzwischen auch schon die SAMSUNG CAMERA PICTURESViertelmillion überschritten. Und im Innenraum konnte man das wirklich sehen. Teilweise wurde mir schon fast übel. Während ich mich über die 11,24€ (habe leider verpasst das ganze Kleingeld auf dem Foto festzuhalten) gefreut habe, das Kinderfoto und den Labello nicht eklig fand, fand ich in einigen Ecken und Kanten des Innenraums echt eklige Dinge. Ein paar verschüttete Erdnüsse konnte ich noch verkraften, aber die hartgewordene, halbe Scheibe Toast unter der Rückbank oder die klebrigen Bonbons unter dem Beifahrersitz fand ich schon deutlich weniger appetitlich. Am schlimmsten war aber der Schimmel im Wagen. Nicht nur unter der Rückbank, sondern auch unter den Vordersitzen blühte der Teppich. Warum es unter der Rückbank zu Feuchtigkeit gekommen ist, muss ich noch herausfinden. Zumindest bei den vorderen Sitzen kam es wohl durch eine lose Türfolie der Fahrertür. Aber ist ja auch egal. Mir wurde auf jeden Fall richtig schlecht.

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Wahrscheinlich hätte ich mir, nachdem ich schon über viertausend Kilometer auf den alten Schwaben draufgefahren bin, sparen können mit Atemmaske und Handschuhen weiter zu arbeiten, aber irgendwie war es mir doch ein Bedürfnis. Ich bin ja selbst nicht so der Auto-Pflege-Guru, manchmal sehen meine Autos von innen aus wie eine Müllhalde – aber wenigstens riechen sie nie unangenehm, haben irgendwelche uralten Essensreste herumliegen oder schimmeln von innen. Das Bedürfnis zu duschen wurde übrigens noch ein wenig größer, als ich mir einige Flecken auf den Sitzen genauer anschaute. Ich glaube, es ist wohl besser nicht zu wissen, was die Flecken verursacht hat… In fast dreißig Jahren macht so ein Auto bestimmt einiges mit.

Nach dem Absaugen mit einem handelsübligen Industriestaubsauger, legte ich Handschuhe und Atemmaske doch wieder beiseite, denn nun sollte der Waschsauger zum Einsatz antreten. Eigentlich ist das ein recht simples Prinzip, wie das Dingen funktioniert. Ich musste 5,5 Liter warmes Wasser in den Bottich kippen und zwei KappenSAMSUNG CAMERA PICTURES Reinigungskonzentrat dazu mischen. Dann musste das Gerät nur noch an das Stromnetz angeschlossen und angeschaltet werden. In der Mitte der „Staubsaugerdüse“ befindet sich eine Düse, die das warme „Seifenwasser“ in den Stoff des Sitzes pustet und den Dreck dadurch löst. Dann saugt der „zweite Kanal“ der Düse den Dreck und das Wasser aus dem Polster – es kann also eigentlich gar nicht erst in den Schaumstoff des Sitzes gehen. Irgendwie clever. Ich fing mit dem Beifahrersitz an, da dieser nicht ganz so verschmutzt war und ich das Wasser und das Reinigungskonzentrat ja möglich lange ausnutzen wollte.

Ich war noch nicht einmal mit dem Sitz ganz durch, da hatte ich die fünfeinhalb Liter schon durch den Sauger gearbeitet – und das vorher so schön klare Wasser war auch schon so richtig schwarz geworden. Irgs. Als ich den Deckel des Gerätes abnahm, kam mir auch gleich dieser Rauchgeruch mit säuerlicher Nuance entgegen. Eigentlich hatte ich erst vor, das Wasser noch einmal durch das Gerät zu jagen, aber ich entschied mich dann doch dagegen. Geiz gewinnt nicht immer…

Der Reinigungseffekt war aber deutlich zu sehen. Zum Schluss nahm ich mir den Fahrersitz vor – und die Bilder sprechen wohl eindeutig für sich, oder? Bis auf ein kleines Loch, das die Sitzfläche des Fahrersitzes hat, sieht die Innenausstattung nun fast wieder SAMSUNG CAMERA PICTURESaus wie neu. Das hätte ich nie gedacht. Als ich nach dem Fahrersitz den Waschsauger ausspülte, hatte sich im „Schmutzwasserbehälter“ eine schwarze, dreckige Schicht auf dem Boden gebildet. Ich glaube, ich will wirklich nicht wissen, was das alles für Flecken waren. Auch der Geruch wurde auf den ersten Eindruck besser. Die Sitze rochen tatsächlich nicht mehr nach dem Geruch, den ich mit Hein schon fest verband, sondern tatsächlich nach Zitrone. Und angeblich sollte das Mittel auch gleich desinfizieren. Auf jeden Fall ein Vorteil.

So nahm ich mir nach und nach den Kofferraum, den Teppich im Wagen, die Seitenverkleidungen und auch den Dachhimmel vor. Andauernd musste ich das schwarz gewordene Wasser gegen Neues tauschen – doch geholfen hat es wirklich. SAMSUNG CAMERA PICTURESKomischerweise  ist der Geruch nun im noch sitzleeren Innenraum des Wagens wieder ganz leicht zurück gekommen, nachdem die Reinigung eine Woche her ist. Die Sitze hingegen, die in der Garage noch auf ihren Einbau warten, riechen immer noch zitronig-frisch. Vielleicht muss ich mir die Maschine noch einmal ausleihen und den Innenraum ein zweites Mal reinigen – oder nun mal die Strategie mit Kaffeepulver, Febreze und viel Lüften ausprobieren. Aber es ist auf jeden Fall schon einmal eine Verbesserung von 99,8%. Die drei Stunden Arbeit waren gut investiert.

Achja – was die Innenreinigung nun gekostet hat? Ich habe neben fast 40 Liter Wasser gut ein Viertel des Inhalts des Polsterreinigers (also fast 5€)  verbraucht, dazu dann noch die Tagesmiete von 20€. Das ist doch schon einmal ein ganz anderer Schnack als 115€ für eine Innenreinigung.

Es geht also auch günstiger. Man muss halt nur kotzfest sein.

Oder sich keinen Siebthand-Mercedes kaufen.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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3 Responses

  1. marcrudin sagt:

    meinen (gepflegten und gewaschenen) W124 wolltest Du ja keinesfalls 😀

    Aber ich habe die gleiche Tortur mit dem selben Gerät damals bei meinem 123 gemacht, erstaunlich wie schnell das Wasser schwarz wird 🙂

  1. 5. November 2019

    […] Menge Arbeit in ihn. Um es im Innenraum aushalten zu können, musste ich den erst einmal wirklich ausgiebig reinigen. Auch das Fahrwerk brauchte Arbeit. Und die Bremsen. Nichts, aber auch wirklich gar nichts lief […]

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