Schweiß-Fuß.

Haaalt Stop! Nicht, dass ihr denkt, es würde hier heute um Gerüche gehen. Oder Käsefüße.Es ist nur eine Geschichte, wie mich der „LowBudgetBenz“ in Krankenhaus gebracht hat.

Keine Sorge. Ich habe kein Problem mit unangenehmen Fußgeruch.

Sondern eher ein anderes. Wenn ihr euch schon einmal gefragt habt, warum ich diesen Blog „Watt’n Schrauber“ genannt habe, dann kommt heute ein perfektes Beispiel dafür. Ich habe nämlich so eine Angewohnheit. Also nicht, dass ich in meiner Freizeit gerne an meinen Autos schraube und sie bewege, das ist ja schon allgemein bekannt. Es ist etwas ganz anderes. Ein weiteres, großes Hobby von mir ist es, mich beim Schrauben zu verletzen. Vom abgerissenen Fingernagel beim Zündkabelwechsel, über einen im Hals steckenden Schrauberzieher (wirklich gar nicht zu empfehlen!) bis zu eingeklemmten Armen war bisher alles dabei.

„Damit solltest du lieber einmal ins Krankenhaus. Das sollten wir röntgen lassen.“

Eigentlich möchte ich ja behaupten, dass ich aus meinen Fehlern lerne. Nachdem ich unzählige Stunden verschwendet habe, Werkzeug zu suchen, ist die Garage immer aufgeräumt. Und nach unzähligen Verletzungen bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass mein Körper einfach viel zu gut aussieht, um weitere Verletzungen über sich ergehen lassen zu müssen.  Seitdem bin ich in Sachen „Sicherheitskleidung“ und „Arbeitsschutz“ wirklich penibel geworden und achte auch immer, nur in voller Montur zu arbeiten. Doch dann kam Hein, mein alter Mercedes, den ich ohne viel Geld wieder fit machen wollte. Und mit dem Projekt nahm das Unheil (oder meine Blödheit?) seinen Lauf…

„Mensch, der ist ja noch richtig rostarm!“

Zwei „Mercedes-Experten“, die Hein kurz nach dem Kauf angesehen hatten, waren der Meinung, dass ich ein wirklich gutes Auto gekauft hätte. Bis auf ein paar optische Schönheitsmängel und Rostblasen wäre der Wagen wirklich in Ordnung. Die Hinterachsaufnahmen wären noch stabil, die Wagenheberaufnahmen müssten nur mal ein wenig Farbe haben – und sogar die Federteller wären noch gut gewesen. Ich habe das glauben müssen, denn ehrlich gesagt: Ich habe beim Kauf nur darauf geachtet, wie der Wagen sich so fuhr. Und das? Das tat er ganz gut. Als dann die hinteren Bremssättel sich dazu entschieden, in Rente zu gehen (Ich erinnere nur mal kurz: Warum Hein blöd wurde), habe ich mich dafür entschieden, die Wagenheberaufnahmen nur ein bisschen zu entrosten…

Gut, für achthundert Euro kann man halt kein rostfreies Auto erwarten. Schon gar keinen Mercedes.

Nachdem ich die schlimmsten Roststellen, die sich unter einer gummiartigen Masse versteckt hatten, zu Tage befördert hatte, wurde recht schnell klar: „Hein braucht Blech!“ Und zwar gar nicht so wenig. Zwar war nur die Wagenheberaufnahme hinten links durchgerostet, dafür aber umso stärker. Die alte Reparatur, die gar nicht so schlecht ausgeführt wurde, hätte wohl noch einige Zeit gehalten, wenn damals nicht jemand Dichtmasse auf das blanke Blech geschmiert hatte. Auch der Radlauf hatte unter der Seitenbeplankung schon eindeutig bessere Tage gesehen. Kurz hatte ich überlegt, das Foto an die beiden „Experten“ zu schicken und zu fragen, ob das für einen Mercedes rostfrei sei, aber ich ließ es dann doch bleiben. Irgendwie freute ich mich sogar. Es war noch nicht lange her, dass ich eine neue, randvolle Schutzgasflasche gekauft hatte – und mal wieder schweißen üben? Warum nicht?

Voller Euphorie startete ich durch.

Schutzbrille auf, Winkelschleifer an. Ein wenig mulmig war mir schon, als ich die Trennscheibe ansetzte. So ganz ohne Handschuhe. Die alte Decke, auf die ich mich niedergelassen hatte, war übrigens mit einem Feuerzeug nicht entflammbar, weshalb ich mich vor einer plötzlich sehr heiß werdenden Sitzheizung keine Sorgen machen musste. Eigentlich möchte ich mir schon seit langem einen kompletten Gesichtsschutz kaufen, doch irgendwie bin ich da bis heute noch nicht dazu gekommen. Auch auf meinen nicht-entflammbaren Overall hatte ich dank deutlich zweistelliger Außentemperaturen verzichtet. Doch das Heraustrennen war noch nicht so das Problem. Die Trennscheibe lief wie durch Butter – nicht verwunderlich, so dünn, wie das Blech bereits gerostet war. Alles lief wie geschmiert.

Es dauerte nicht lange und das Blech war draußen. Der Innenschweller wurde wohl nach der ersten Wagenheberaufnahmenreparatur (Was für ein Wort!) ordentlich mit Hohlraumwachs versiegelt. Die neuen Rostschäden kamen eindeutig von außen, nicht von innen. Dort war also erst einmal keine große Arbeit angesagt. Ich entfernte die Rest dort, wo ich schweißen wollte, fertigte dann erst eine Pappschablone und dann ein Blech an, strich es von innen und ließ es über Nacht trocknen. Das Einschweißen am nächsten Tag? Kinderkram.

Dachte ich.

„Und was genau ist Ihnen nun auf den Fuß gefallen?!“

Verwirrt schaut mich die fast schon klischeemäßig gutaussehende Krankenschwester an, während sie Verbandszeug aus dem Schrank holt. Es ist mir schon fast unangenehm, die Geschichte ein viertes Mal zu erzählen. Ich weiß ihre Antwort eh schon. „Eigentlich bin in Sachen Arbeitsschutz recht genau, habe mich schon zu häufig verletzt“erzähle ich, innerlich vor lauter Schmerzen natürlich die Zähne zusammenbeißend – ein Schrauber kennt keinen Schmerz. Und so. „Aber als ich mich heute Morgen umgezogen habe, um zu schweißen, ist mir der Schnürsenkel von einem Sicherheitsschuh durchgerissen.“ – „Und warum haben Sie nicht einfach einen neuen Schnürsenkel reingezogen?“, unterbricht mich die Krankenschwester, die heute bestimmt nicht das erste Mal einen Idioten vor sich sitzen hat. „Naja, ich hatte keinen da. Und da ich ja etwas schaffen wollte, habe ich mich mit den Worten ‚Ach, dir ist noch nie etwas auf den Fuß gefallen!‚ herausgeredet, dass ich auch einfach normale Schuhe anziehen kann.“

Die Krankenschwester bittet mich, meinen Fuß auf den Hocker zu legen, der vor mir steht. „Aber so ganz hat das ja dann heute doch nicht geklappt“, gebe ich kleinlaut zu. Sie reißt die erste Packung an Verbandszeug auf. „Ich wollte ja eigentlich mein Auto schweißen. Und mein Schweißgerät steht auf so einem selbstgebauten Wagen. Und die Gasflasche steht auf einem Gestell, das an dem Wagen befestigt ist. Naja, befestigt war.“ Ich beobachte, wie die Schwester mit den langen, zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren meinem lädierten großen Zeh immer näher kommt. Ich hätte nie gedacht, dass der Schmerz noch schlimmer werden könnte. Bei meiner Hausärztin vorhin war es schon grenzwertig, aber gehe ich schon beim Gedanken daran, dass jemand meinen Zeh anfasst, schon fast an die Decke. „Ich habe den Wagen mit dem Schweißgerät und der Flasche dann über den Hof geschoben. Und um zum Auto zu kommen, musste ich die Karre über eine Regenrinne schieben, die im Boden eingelassen ist. Und als ich das gemacht habe, ist das Gestell vom Wagen gebrochen und die Gasflasche, die etwas über 40 kg wiegt, ist mir mit der Kante mit Schwung auf den großen Zeh gefallen.“ Die Krankenschwester beginnt ihre Arbeit.

Ich glaube, mein kurzer Aufschrei hat für Stille in dem Krankenhausflur gesorgt.

Langsam humpele ich zurück in Richtung Parkplatz. So ganz weiß ich noch nicht, wie ich mit dem verbundenen Fuß (der aber gerade noch so in den Schuh passte) nach Hause fahren soll. In der rechten Hand halte ich die beiden Schmerztabletten, die mir mitgegeben wurden. „Da wirst du einige Wochen gut von haben!“, meinte schon meine Hausärztin, als ich (nach reichlich Rumgehüpfe über den Hof) bei ihr im Sprechzimmer saß und die Schmerzen immer schlimmer wurden. Doch ihre Befürchtung, dass ich mir meinen rechten, großen Zeh gebrochen habe, bestätigte sich zum Glück nicht. Nur gequetscht und gestaucht, zudem musste ein Loch in den Nagel gebohrt werden, um den Bluterguss herauszubekommen. Das Auto steht noch ein paar hundert Meter weg. Mit jedem einzelnen Meter schwöre ich mir, ohne Sicherheitsschuhe keine großen Arbeiten mehr zu erledigen.

Und Hein?

Der wurde von meinem Vater geschweißt. Und das sogar ganz schön viel. Nicht nur die Schwellerkante hinten links, sondern auch die vorderen Schwellerenden mussten geschweißt werden. Genauso der Federteller rechts. Und links. Und der Kotflügel vorne rechts. Und die Stoßstangenhalter. Und ein kleines Loch im Motorraum. Und… nein, ich glaube, das war es sogar. War aber dann auch genug. Eigentlich wollte ich den Wagen ja nur ein bisschen überholen und nicht gleich restaurieren. Aber wenn man schon einmal dabei ist, soll es ja auch gleich ordentlich gemacht werden. Der Rest des Wagens war erstaunlich rostfrei, bzw. nur angerostet. So auch die Hinterachsaufnahmen, die sich nach dem Wegkratzen vom Unterbodenschutz (und dem Klopfen mit dem Hammer) noch als stabil herausstellten. Die alten Reparaturen der Wagenheberaufnahmen waren auch noch vollkommen in Ordnung. Das alles wurde blank gemacht, grundiert und dann gestrichen. Reicht auch.

Mein großer Zeh war nicht ganz so leicht zufrieden zu stellen. Die ersten beiden Tage nach meinem kleinen Unfall habe ich so richtig gelitten. Danach wurde es langsam besser. Es dauerte fast drei Wochen, bis ich wieder ohne Schmerzen laufen konnte. Und noch fast einmal drei Wochen, bis nichts mehr zu sehen war.

Drei Sachen habe ich aus dieser Geschichte gelernt. 1.) Gibt es anscheinend keinen 124er ohne Rost. Er versteckt sich immer irgendwo. 2.) Sicherheitsschuhe sind beim Schrauben echt nicht überbewertet und 3.) War das alles ziemlich doof. Aber ich sag einfach: Hein war Schuld.

Dann komme ich mir nicht ganz so blöd vor.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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10 Responses

  1. Andreas sagt:

    In Sachen Sicherheit hast du es aber richtig gemacht bei dem winkelschleifer
    Rotierende Maschinen und Handschuhe gehören nicht zusammen

    • LarsDithmarschen sagt:

      Hey Andreas,
      dann habe ich wohl tatsächlich mal etwas richtig gemacht. Ich dachte immer, man soll wegen des Funkenflugs Handschuhe tragen.

      Wieder was gelernt! Vielen Dank!

      Schöne Grüße
      Lars

  2. Michael sagt:

    Ich pflege nur in hinten offenen Schuhen zu schweißen…..denn wenn mal so ein fetter Schweißklunker in den Schuh fällt geht das Gehüpfe los, vor allem wenn man den Schuh nicht schnell los wird

    Brutzeln an Rostbuden mache ich jetzt seit rund 32 Jahren

    • LarsDithmarschen sagt:

      Hey Michael,

      das ist tatsächlich eine echt gute Idee! Vielen Dank für den Tipp!

      Einige Wochen nachdem ich „Hein“ geschweißt habe, habe ich an einem alten Simca schweißen dürfen. Da sind mir leider einige Schweißperlen ins T-Shirt gefallen. Das war auch gar nicht mal so schön…

      Schöne Grüße
      Lars

  3. thorsten sagt:

    Ein Kumpel hat bei mir mal seinen C-Kadett geschweisst. Bei ähnlichen Temperaturen wie jetzt gerade. Auf Böcken den Schweller, in der Hocke mit kurzer Hose….

    Als die Schweissperle ins Hosenbein gehüpft ist, tat er das dann auch. Wie Rumpelstielzchen über den Hof….

    • LarsDithmarschen sagt:

      Hey Thorsten,

      das muss wohl wirklich lustig ausgesehen haben. Da bin ich dann doch sehr zufrieden, dass ich mir nur den Zeh gequetscht habe. So eine Schweißperle im Schritt… hauahauaha…

      Schöne Grüße
      Lars

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