Fünf Jahre Haltungsschäden.
Heute soll es mal einen kleinen Rückblick geben. Seit fünf Jahren habe ich einen Buckel. Fünf Jahre voller Schweiß, Blut, Arbeit – und immer einem großen Grinsen im Gesicht.
Es war ein schöner Tag,
der letzte im August.
Die Sonne brannte so,
als hätte sie es gewusst…
Ich wollte schon immer mal eine Mail an Peter Maffay schreiben, ob er die erste Strophe seines Liedes „Und es war Sommer“ mit der Geschichte von Elsa und mir im Hinterkopf geschrieben hat. Zumindest die erste Strophe passt eigentlich wie die Faust aufs Auge. Aber da das Lied doch „ein wenig“ älter ist als ich, muss ich die Mail wohl gar nicht erst schreiben.
Aber spulen wir mal fünf Jahre zurück.
Ich glaube, ich leide schon länger unter dieser Krankheit, die keinen wirklichen Namen hat. Denn wenn ich jetzt so daran denke, wie ich vor fünf Jahren getickt habe, bin ich mir sicher, dass damals schon mehr Altöl als Blut durch meinen Venen pumpte. Vor fünf Jahren war ich siebzehn Jahre alt, hatte kurz zuvor mein erstes, eigenes Auto gekauft (Was nach vielen Diskussion mit meinen Eltern kein Volvo Amazon, sondern ein Volvo V40 wurde – den ich bis heute habe) und teilte mir zusammen mit meinem Vater „Henkelmännchen“ – ein Zustand, der sich bis heute auch nicht geändert hat. Eigentlich für einen Siebzehnjährigen schon recht ungewöhnlich. Doch obwohl nach dem Kauf von meinem „Elchen“ eigentlich überhaupt kein Geld mehr vorhanden war, träumte ich trotzdem weiterhin von einem eigenen Oldtimer. Was für einer? Das war mir egal. Das Auto musste mit mir reden. Und es natürlich nicht zu teuer sein.
Doch es gab ein kleines Problem.
Obwohl ich mein Geld selbst verdient hatte, brauchte ich das Einverständnis meiner Eltern. Schließlich war ich noch nicht volljährig und somit eigentlich noch nicht geschäftsfähig. Während es beim Kauf des V40 schon ein kleiner Kampf war („Nimm doch einen VW Golf, der ist doch so vernünftig!“), waren meine Eltern von der Idee, dass ich noch ein Auto kaufe, überhaupt nicht begeistert. Einige Wochenenden fuhren wir durch den Norden, bei dem ich mir – immer mit meinen Eltern im Nacken – immer wieder verschiedenste Autos anschaute. Vom Opel Rekord C, über einen Fiat 126 bis zum VW Käfer war so ziemlich alles dabei. Bei vielen Autos legten meine Eltern ihr Veto ein – und bei den zwei, drei Ausnahmen, die sogar meinen Eltern gefielen, wollten die Verkäufer nicht an so einen jungen Typen wie mich verkaufen.
Bis ich ein bilderloses Inserat aus Dänemark fand.
Ein Volvo PV 444 war inseriert, Baujahr 1958 – und der Preis lag auch nur ganz eben über meiner Spielgeldgrenze. Buckelvolvos mochte ich eh schon immer richtig gerne – aber hatte die preislich immer als unerreichbar gesehen. Ein Bild war nicht vorhanden, nur eine Telefonnummer. Ich weiß noch ganz genau, wie ich aufgeregt die Nummern tippte… Eine gute Stunde unterhielt ich mich mit dem freundlichen Dänen. Am Ende des Gesprächs verabredeten wir uns. Eine Woche später sollte ich vorbeikommen, und mir den Volvo anschauen. Dann hätte er ihn aus der Scheune gezogen, wo er dreizehn Jahre stand.
Man kann sagen, dass es Liebe auf den ersten Blick war.
Irgendwie mitleidig schaute sie mich damals an. Auf der Hintour schwebte mir noch der Name „Berta“ im Hinterkopf herum, als ich aber das Auto sah, wusste ich, dass das Auto eine „Elsa“ sei. Und ich wusste auch, dass es mein Auto werden würde. Komme was wolle. Die faustgroßen Rostlöcher störten mich genauso wenig, wie der abblätternde Lack. Irgendwie zog mich die alte Schwedin, die die meiste Zeit ihres Lebens in Dänemark verbrachte, sofort in den Bann. Ich wusste aus Kaufberatungen, die ich vorher gelesen hatte, dass das Auto Kernschrott sei – und das Auto nicht in einer viertel Stunde wieder fit gemacht sei. Doch das war mir ganz egal – und komischerweise waren auch meine Eltern sofort begeistert. Warum? Das ist mir bis heute ein Rätsel. Elsa war mit Abstand das gammeligste Auto, was ich mir anschaute. Der Verkäufer war begeistert, dass ein so junger Mann wie ich ein so altes Auto wieder fit machen wollte und ging nicht nur mit dem Preis herunter, sondern gab auch noch einige Ersatzteile dazu. Der Deal war perfekt.
Und so kam es, dass ich sie sechs Tage nach der Begutachtung, die alte, rostige, nicht fahrbereite und müde Elsa bezahlte und mit Hilfe meiner Eltern und meines guten Kumpels JM und seinem Vater abholte. Drei Jahre sollte das Fitmachen dauern, seit zwei Jahren fahre ich sie. Aber die Highlights habe ich euch noch einmal in einem Video zusammengefasst:
Seit fünf Jahren sind Elsa und ich nun ein Team. In den fünf Jahren ist Elsa deutlich hübscher geworden, während ich gefühlt um zwölf Jahre gealtert bin. Wenn Leute mich fragen, ob ich die alte Dame verkaufen würde, wäre es so, als würde man mich fragen, ob ich lieber das linke oder das rechte Bein abhaken würde. Ich weiß, dass Elsa objektiv gesehen nur ein Stück Blech ist, das eigentlich keinen Charakter haben kann – doch ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich so denke. Irgendwie ist Elsa mehr als nur ein Auto für mich. Doch wahrscheinlich werdet ihr von euren Gefährten auch so denken, sonst würdet ihr hier wohl kaum mitlesen. An Elsa habe ich erst gelernt, wie man ein Auto repariert und wie es überhaupt funktioniert – beim Kauf hatte ich davon überhaupt keine Ahnung. Durch Elsa habe ich schon viele Leute kennengelernt – und auch viele neue Freunde gefunden. Und durch Elsa habe ich überhaupt angefangen über meine Erlebnisse mit meinen Autos zu schreiben. Auch Watt’n Schrauber hat bald fünfjähriges Jubiläum, aber das ist eine ganz andere Geschichte…
Die Fensterheber springen andauernd aus ihrer Führung, der Chrom ist an einigen Stellen nie mehr so ganz pickelfrei geworden – und auch der Innenhimmel ist noch so braun wie nach dem Kauf. Doch das ist mir alles ganz egal. Denn das alles macht diesen Buckelvolvo zu meiner Elsa.
Und eins ist sicher: Ein Team werden Elsa und ich immer bleiben.
Alles Gute zum Jubiläum!
Dankeschön, Christoph! 🙂
Prima Sache.
Sach ma, kann das sein, dass in letzter Zeit viel Sonnenuntergang als Opener ist? 😀
Da hast du mich glatt erwischt, Jo! Aber keine Sorge – der nächste Opener wird keinen Sonnenuntergang irgendwo hinter dem Deich haben. Da geht es dann eher um Regen und die Alpen. Hoffe ich zumindest! 😉
Erinnert mich ja schon ein wenig an den Film „Christine“, doch ich bin sicher, diese Story wird ein weitaus glücklicheres Ende nehmen.
Glück auf aus dem Ruhrpott
Hey Maik!
Ich habe Christine war nie gesehen, aber ungefähr kenne ich den Ausgang ja. Elsa scheint da aber doch eine freundliche, ältere Dame zu sein – und kein boshafter Plymouth 😉
Schöne Grüße von der Küste in den Pott
Lars