Projekt Frühjahrsfit – wieso, weshalb, warum?

Ich habe mir ein neues Projekt angelacht. Obwohl – „neu“ stimmt eigentlich gar nicht.Nach elf treuen Jahren verlangte Henkelmännchen doch nach etwas Aufmerksamkeit…

Wie das halt mit Vorsätzen so ist…

Etwas fast genau ein Jahr her, dass ich einen Entschluss fasste. Ich war damals mit Henkelmännchen auf einer kleinen Sonntagstour unterwegs – doch wirklich genießen konnte ich das damals nicht. Henkelmännchen litt damals schon seit einigen Jahren unter porösen Spritleitungen und konnte deshalb nicht mehr ganz vollgetankt werden. Die Spritleitungen und auch meine Dummheit sorgten dann dafür, dass ich auf einer Sonntagstour im April 2019 fast wegen Benzinmangels stehen geblieben wäre. Das hat mich damals so sauer gemacht, dass ich mir vornahm: „Ich bleibe immer am Ball!“. Ich schrieb mir für jedes Auto eine To-Do-Liste und wollte sie im Laufe des Jahres Stück für Stück abarbeiten… Nun ja. Einige Sachen habe ich tatsächlich gut abarbeiten können – nur Henkelmännchen ließ ich leider etwas außen vor. Nicht, dass ihr denkt, ich hätte ihn vernachlässigt! Einen Service bekam er wie jedes Jahr und neue Bremsflüssigkeit war auch einmal wieder fällig. Nur repariert habe ich irgendwie nichts.

Dafür schäme ich mich sogar ziemlich. Ich mag Henkelmännchen nämlich total gerne. Er ist der Grund dafür, warum ich alte Autos so toll finde. Außerdem verbinde ich mit dem Wagen wirklich viele Geschichten – schließlich kenne ich das Auto seit 2001. Da war ich gerade einmal fünf Jahre alt. Bevor Henkelmännchen 2009 zu uns zog, gehört er dem Vater meines damaligen besten Freundes. Der hatte das Cabriolet von einem Kollegen gekauft, der es auf den Schrott werfen wollte. Ganze sieben Jahre stand es damals mit einem Motorschaden in der Garage herum und wurde nicht geliebt. Der Vater meines Kumpels rettete ihn, hing einen gebrauchten Motor in den Wagen, schweißte einiges und brachte ihn durch die Hauptuntersuchung. Da er aber auch dort nicht wirklich bewegt wurde, sollte er verkauft werden. Mein Vater (wohl in der Midlife Crises?) suchte ein Cabrio, ich fand Oldtimer toll – und so zog Henkelmännchen zu uns.

Kein glücklicher Start…

2009 wollte noch wirklich gar keiner Golf 1 Cabriolets haben. Für den Preis, den mein Vater und ich uns damals teilten (Ich habe für Henkelmännchen einige Stunden Rasen gemäht!), würde man heute nicht einmal mehr einen Schlachter bekommen. Henkelmännchen hatte damals sogar eine frische HU. Wobei das nicht allzu viel zu sagen hatte – auf der ersten Fahrt blieb er nämlich prompt liegen. Sehr zur Freude meiner Mutter, die das alles für eine Schnapsidee hielt. Doch genau diese Panne ist daran schuld, dass ich heute hier schreibe. Hätte ich im Alter von 13 Jahren nicht das erste Mal an einem… nein, diesem Auto schrauben dürfen, hätte ich meine Leidenschaft für Technik wohl nie entdeckt. Ein paar Monate später „restaurierten“ mein Vater und ich das kleine Cabrio, irgendwann kam Elsa dazu – und den Rest kennt ihr ja. Oder könnt ihn in diesem nachlesen. Aber nun wisst ihr, warum ich den kleinen Golf so gerne mag.

Da Henkelmännchen nun schon 40 Jahre auf den Straßen unterwegs ist (Erstzulassung 22.04.1980 – fühlt ihr euch nun alt?), wollte ich ihn belohnen und nun endlich alle Großbaustellen abarbeiten. Schließlich hatte ich mein Glück mit den porösen Spritleitungen auch schon lange genug herausgefordert – ewig wäre das garantiert nicht mehr gut gegangen. Außerdem gab es noch ein paar unerfreuliche Nachrichten. Als ich Henkelmännchen im letzten Jahr zum Bremsflüssigkeitswechsel brachte, fiel der Werkstatt meines Vertrauens irgendetwas Weiches an der hinteren, rechten Achsaufnahme auf. Der Geselle war sich nicht sicher, ob das nun ein rostiges Blech oder einfach nur eine dicke Masse an Unterbodenschutz sei. Das wollte ich auf jeden Fall auch nachgucken. Gleichzeitig hatte Henkelmännchen ein kleines Problem mit dem Bremslicht. Das ging im Herbst plötzlich etwas zeitverzögert an – also erst zwei, drei Sekunden nachdem man auf das Bremspedal getreten hatte. Einen neuen Bremslichterschalter hatte ich verbaut – doch der brachte nichts. Also kam Henkelmännchen damals in den Winterschlaf mit dem Ziel: „Den mach ich über Winter fit für das Frühjahr!“

Auf die Plätze, fertig…

Am 06. Februar fing ich mit der Aktion an – etwas später als geplant, doch das Leben läuft halt nicht immer so, wie man es gerne hätte. Für die allererste Aktion musste Henkelmännchen erst einmal aus der Werkstatt geschoben werden. Die hatte ich nämlich in den letzten Monaten ein wenig vernachlässigt – und im Dreck und im Chaos arbeiten, das mag ich nicht gerne. Also wurde ausgefegt, das Werkzeug gesäubert und sortiert und auch schon einmal alles herausgesucht, was ich für die ganze Aktion so bräuchte. Der Plan war nämlich (erst einmal) recht simpel: Hinterachse raus, Tank raus, Unterbodenschutz an der Achsaufnahme weg, gucken, was los ist, vielleicht schweißen – und alles wieder zusammenbauen. Länger als eine Woche – so dachte ich – würde das garantiert nicht dauern. Dachte ich. Das Aufbocken ging dabei noch relativ leicht. Vorne stellte ich die Auffahrrampen unter die Reifen, die mein Vater in seiner Lehre zum Schlosser gebaut hatte – und hinten erst einmal nur ein paar Böcke unter die Achse. Da musste ich das Cabrio sowieso ja bald anders abstützen – die Achse sollte ja raus.

Wenn ihr auch an alten Autos schraubt, dann wisst ihr, dass solche Geschichten ganz schnell einmal eskalieren. Kaum gräbt man ein bisschen an einer Stelle, fallen einem tausend andere Stellen auf – und so ist es auch bei Henkelmännchen gekommen. Inzwischen ist es April und das kleine Cabriolet steht noch lange nicht auf den Rädern. Wenn ihr also auf Schrauberdramen, dreckige Hände und krümeligen, ekligen Rost steht, dann habt ihr Glück. Davon gibt es in den nächsten Geschichten nämlich noch viel zu lesen.

Ich verspreche es euch.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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7 Responses

  1. Moin.
    Jaaa, endlich wieder eine Restaurierungsgeschichte aus deiner Werkstatt!
    Und dann auch noch am Golf I (auch mein erstes Auto, Anno 1993) Ich werde aufmerksam mitlesen.
    Gruß
    Stefan aus VEC

    • LarsDithmarschen sagt:

      Hey Stefan,

      das freut mich sehr, dass dir mein kleines Golf-Projekt gefällt. Inzwischen ist es auch schon ein ganzes Stück weiter – ich komme nur noch nicht ganz mit der Schreiberei hinterher. Aber es wird!

      Schöne Grüße
      Lars

  2. Maik Mugato sagt:

    Erinnert mich daran, dass ich vor über 20 Jahren beinahe mal ein Golf Cabrio gekauft hätte…

    Damals waren die noch richtig billig, wenn ich mich richtig erinnere hatte ich mit dem Verkäufer am Telefon 250 Mark ausgemacht.
    Freudig fuhr ich dann hin, war auch in Dortmund und ich hatte richtig Bock auf Cabrio, und auch auf das schrauben daran, welches bei dem Preis natürlich obligatorisch ist.

    Was ist? Ich komm da auf den Hof gefahren, kommt mir „mein“ Cabrio entgegen, und der Verkäufer steht da, und winkt…

    Ich hab den dann wohl ziemlich unflätig beschimpft, wobei er noch froh sein konnte, denn mir war eher danach, meine Hand mit erhöhter Geschwindigkeit durch sein Gesicht gleiten zu lassen.

    Es wurde dann eine Audi80 Limo Bj. 84 mit 90ps, der mich auch 2 Jahre begleitet hat.

    So spielt das Leben

    • LarsDithmarschen sagt:

      Hey Maik,

      wirklich teuer sind die Golfs ja anscheinend auch erst in den letzten Jahren geworden. Als das Cabrio den Überhitzungstod starb, war es ja anscheinend auch nicht wert, es sofort reparieren zu lassen. Weißt du noch, welche Farbe und welches Baujahr das Cabrio hatte? Wäre ja lustig, wenn es noch existieren würde.

      So’n Audi 80 ist natürlich auch nicht verkehrt. Ich mag aber den Fahrspaß mit offenem Dach.

      Schöne Grüße
      Lars

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