Übergeduscht

Ich weiß es ja. Wahrscheinlich denkt ihr sowieso schon, dass ich sie nicht mehr alle habe. Also kann ich euch auch erzählen, wie ich in meiner Duschen Felgen lackiert habe, oder?

Geiz ist geil.

Langjährige Watt’n Schrauber-Leser werden es wohl wissen, dass ich manchmal ungerne Geld ausgebe. Das hat eigentlich gar nicht so viel (also nicht nur) mit Geiz zu tun, sondern eher etwas mit dem Spruch vom nackten Mann und seinen Taschen. Als ich vor einigen Monaten die Winterreifen meiner Kombis anschaute, fiel mir auf, dass ein paar neue Gummis fällig waren. Die Winterreifen meines treuen Alltagsgolf waren zwar erst fünf Jahre alt, aber die vorderen waren schon fast an der Verschleißgrenze. Doof das – also kaufte ich mir wieder zwei neue Winterreifen von Michelin, weil die mich in den letzten Jahren wirklich gut durch den Winter gebracht haben. Bei meinem V40 sah es aber noch ein bisschen schlimmer aus: Die Winterreifen hatte ich vor acht Jahren neu gekauft und inzwischen waren die nicht nur porös und alt, sondern verloren auch andauern Luft – trotz neuer Ventile und sauberer Fläche zwischen Felge und Reifen. Es mussten neue her.

Diesen Fakt schob ich etwas länger vor mir her. „Du brauchst das Auto ja gar nicht so dringend“, redete ich mir immer ein. „Im Winter hast du ja sowieso nur den Golf“. Doch irgendwann überwand ich den Geizhals in mir und schaute mal bei eBay-Kleinanzeigen nach. Und relativ schnell kam die Ernüchterung: Anscheinend sind die meisten Volvo V40 inzwischen auf dem Schrott gelandet – oder die Besitzer hatten den Markt an gebrauchten Winterreifen einfach schon leergekauft. Eigentlich war nur noch Schrott im Angebot. Zehn Jahre alte, abgefahrene Billig-Reifen, für die die Leute auch noch richtig Geld haben wollten. Eine ewig lange Strecke wollte ich für ein paar Reifen natürlich auch nicht fahren. Doch irgendwann hatte ich Glück. Nur gut fünfzig Kilometer von hier wurde ein Satz Winterreifen angeboten. Zwar waren zwei Reifen von Barum und zwei von Fulda, aber dafür waren sie erst vier, beziehungsweise zwei Jahre alt. Und kosteten nur 50 Euro.

Come ooon, let’s go!

Für 50 Euro war ich aber sowas von dabei. Zum Glück entpuppte sich der Verkäufer als wirklich sympathischer Mensch, der mir sogar noch die Reifen mit in den Kofferraum lud. Nun hatte ich also vier Winterreifen, die zwar eine Mischbereifung und dadurch nicht perfekt, aber immerhin deutlich besser war, als die, die ich die letzten Jahre durch die Gegend gefahren bin. Ich glaube, ich kriege nicht einmal 500 Kilometer mit dem V40 in den Wintermonaten zusammen. Die meiste Zeit steht er trocken (und salzfrei) in der Garage. Da wären nagelneue Winterreifen viel zu schade gewesen. Zufrieden fuhr ich also in Richtung Heimat. Ich hatte natürlich schon vorher nach Radkappen geschaut, schließlich war ich auf dem V40 bisher nur Alufelgen gefahren. Die originalen Volvo-Radkappen waren aber alle teuer. Oder kaputt. Oder weit weg. Und so reifte in mir ein Plan…

Könnt ihr euch noch erinnern, wie ich Hein optisch etwas aufpeppte? Nein? Nicht schlimm, ist ja schon bald vier Jahre her. Hein war mir etwas fade und spießig, besonders mit den originalen Alufelgen und den originalen Radkappen. Also lackierte ich die Stahlfelgen einfach um. Und das war auch mein Plan für die Felgen vom Elch. Erst dachte ich an das Hein-Design, aber irgendwie wollte das in meinem Kopf nicht so toll aussehen. Also silber. Eine Dose Grundierung hatte ich noch da, eine Dose Felgensilber auch und Klarlack war schnell gekauft. Ich entschied mich, gleich am nächsten Tag nach Feierabend mit der Lackieraktion zu beginnen. Ich müsste nur nachmittags die Heizung in der Garage anmachen, damit ich abends lackieren könnte. Es waren ja schließlich Minusgrade draußen. Ratet mal, was ich am nächsten Tag vergessen habe…

Lars war stets bemüht.

Ich ärgerte mich abends mächtig über mich selbst, als ich in die Garage kam und alles eiskalt war. Bei Minusgraden etwas lackieren ist einfach unmöglich. Das braucht man gar nicht erst versuchen. Der einzige Platz, in dem es warm war, war in meiner Wohnung. Aber im Wohnzimmer eine Felge lackieren? Das ist Schweinkram. Schließlich würde dann alles stinken, vom Farbnebel mal ganz abgesehen. Und dann fiel mir meine Dusche ein. Im Bad würde es schnell schön warm werden und eine Duschkabine ist ja nichts anderes als eine Lackierkabine – so dachte ich. Und wenn ihr nun mal ganz viel Fantasie anwendet, könnt ihr mir sicherlich zustimmen, oder? Nicht? Nein? Oh, okay. Vielleicht habt ihr recht. Eine Lackierkabine muss man wahrscheinlich vorher nicht mit Papier auskleiden. Und genau das habe ich gemacht, silberne Fliesen finde ich dann doch irgendwie nicht so cool. Dann drehte ich noch die Heizung auf und es ging los.

Ich muss euch wohl nicht im Detail erklären, wie man eine Felge lackiert. Und wenn ihr das doch wissen wollt, dann schaut einfach mal in das Video, das ihr weiter unten findet. Da habe ich das ein bisschen genauer erklärt. Wobei das jetzt nicht gerade eine gute Vorlage ist. Aber wenn ihr Fähnchenhändler seid und ein Wrack möglichst schnell auffrischen wollt, ist das so eine gute Möglichkeit. Eigentlich müsste man den Reifen abziehen und die Felgen sandstrahlen. Ich habe aber einfach meinen Lieblings-Kartentrick angewendet und drauf los lackiert. Ohne Mist – der Trick mit den Spielkarten als Abklebehilfe funktioniert richtig gut! Was auch richtig gut funktioniert, ist eine Dusche als Lackierkabine. Muss ich wirklich sagen. Das einzig doofe: Ich habe immer nur eine Felge am Tag hinbekommen, weil ich abends ja auch noch duschen wollte und alles wieder abbauen musste. Und nächstes Mal nehme ich auch einen rechten und nicht nur einen linken Handschuh mit. Schließlich bin ich ja auch Rechtshänder.

Schick gepfuscht!

 Wenn ihr euch das Video nun angeschaut habt, dann seht ihr tatsächlich, dass ich euch nicht veralbert habe. Ja, ich habe die vier Stahlfelgen, die ich für 50 Euro gekauft habe, wirklich an vier Abenden in meiner Dusche lackiert. Vielleicht fragt ihr euch nun, ob ich irgendwie Hilfe brauche oder zu viel Freizeit habe. Aber ihr müsst euch keine Sorge machen. Mir bringt das irgendwie echt viel Spaß – ansonsten wäre es wohl auch kaum mein Hobby. Auf jeden Fall bin ich mit dem Ergebnis recht zufrieden. Vielleicht würden Radkappen am V40 besser aussehen, aber ich finde, die silbernen Stahlfelgen machen irgendwie einen cleanen Look. Es ist vielleicht noch ein bisschen langweilig und zweifarbig wäre cooler gewesen – aber es ist okay so. Vielleicht finde ich noch einmal ein paar coole Nabenkappen. Ich habe tatsächlich noch nie vorher einen V40 mit silbernen Stahlfelgen gesehen. Und tatsächlich wurde ich schon ein paar Mal drauf angesprochen. Wunderte mich selbst.

Meine Dusche ist inzwischen schon lange wieder eine Dusche und ich habe seitdem tatsächlich auch nichts mehr lackiert. Aber geschraubt. Ganz viel geschraubt. Und geschweißt. Aber das kommt bald alles in neuen Geschichten. Also seid gespannt!

Und nicht alles ist dann einfach nur übergeduscht.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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