Danke, Dailys!

Heute möchte ich über Autos reden, die uns alle jeden Tag begleiten: Unsere Dailydriver. Oft stehen die Begleiter im Schatten von Projekten und Klassikern. Zeit für ein Danke!

Nicht ganz so übliches Chaos

Es gibt bestimmt einige unter euch, denen aufgefallen ist, dass es aktuell bei Watt’n Schrauber etwas ruhiger ist. Aus verschiedenen Gründen war es das das ganze Jahr über, doch aktuell ist es sogar noch ruhiger. So ruhig, dass ich euch gar keinen Jahresrückblick geschrieben habe – was ich sonst immer tue – und euch noch gar kein frohes neues Jahr gewünscht habe, was ich auch immer mache. Und der Grund? Chaos. Irgendwie ist es bei mir immer ein bisschen chaotisch – und zwar nicht nur in der Garage. Aktuell ist noch eine Nummer mehr. Während ich mich eigentlich so glücklich fühle wie noch nie, muss ich mich aktuell mit Dingen herumschlagen, die mit Krankenhäusern, Quarantänen, Infektionen und Abweisungen zu tun haben. Wahrscheinlich reichen diese Schlagworte schon, dass ihr verstehen könnt, warum ich Autos aktuell nicht ganz oben auf meiner Prioritätenliste habe. Wobei… so ganz richtig ist das ja nicht. Ein Auto steht doch schon recht weit oben auf meiner Prioritätenliste. Aber nicht, weil ich noch so viel zu tun habe, sondern weil er mich einfach jeden Tag begleitet: Mein Dailydriver.

Eigentlich sind Autos ja nur Werkzeuge. Aber anstatt Schrauben in ein Regal zu drehen oder Glas zu schneiden, bringen sie halt Personen und Gepäck von A nach B. Einige Autos sind etwas luxuriösere und komfortablere Werkzeuge, andere sind eher praktisch oder besonders kompakt und sparsam. Doch alle Autos sind Werkzeuge. Also wenn man es rein nüchtern betrachtet. Für Menschen mit Benzin im Blut ist das natürlich ganz anders. Da geht es um Emotionen, um schöne Karosserieformen oder um Fahrspaß. Doch Menschen, die kein Benzin im Blut oder Rost im Kopf haben, sind Autos halt wirklich nur Werkzeuge. Und selbst ein Großteil der Autoverrückten hat irgendwo so ein Werkzeug Zuhause: Das Alltagsauto. Ob es nun ein neues SUV, ein geleaster Tesla oder – wie in meinem Fall – ein alter Golf Variant ist – sie tun unaufgeregt ihre Arbeit und begleiten uns in unserem Alltag. Zuverlässig, treu und unscheinbar. So unscheinbar, dass wir sie oft gar nicht richtig beachten.

Ein guter Freund

Und genau darüber dachte ich nach, als ich neulich am Steuer meines Golf Kombis saß und die fünfzig Kilometer in Richtung Krankenhaus fuhr. Vor fast sieben Jahren habe ich ihn gekauft. Nicht, weil ich so ein großer Fan vom Golf 4 Kombi als Sondermodell „Special“ bin oder weil ich das Design total aufregend fand. Ich wollte einfach nur einen zuverlässigen Kombi als Diesel, der mich 50 000 Kilometer im Jahr brav durch die Gegend tragen würde. Ein Werkzeug eben. Sparsam, zuverlässig, mit Radio, Klima und einem großen Kofferraum – mehr wollte ich nicht. Und ganz ehrlich? Für die ersten  Jahre war der Golf für mich nichts anderes als ein Werkzeug, auch wenn er recht schnell den Namen „Harald“ bekam. Und oft beachte ich ihn auch gar nicht so. Okay, er bekommt immer pünktlich Service und ab und zu wasche ich ihn auch, aber ein Liebhaberstück wie Elsa oder Henkelmännchen ist er nicht. Aber „nur noch“ ein Werkzeug ist er auch nicht mehr.

„Das wird nie ein Klassiker!“, liest man oft bei Instagram oder Facebook, wenn Leute stolz ihr Auto zeigen. Oder „Wieso steckst du so viel Arbeit in die Karre?“, wenn ich an Hein bastel. Und eigentlich sind solche Aussagen ziemlich albern. Bisher ist wirklich jedes alte Auto ein Klassiker geworden. Denn es kommt gar nicht darauf an, was für ein Auto da vor einem steht und gepflegt und erhalten werden möchte – das ist wirklich total unwichtig. Okay, Sportwagen haben wohl den Reiz des Unerreichbaren, weshalb Porsche 911 und Mercedes SL so beliebt sind. Aber der Großteil der Oldtimer, die sich auf den Oldtimertreffen tummeln, sind Alltagsautos der Vergangenheit. Alte Werkzeuge, sozusagen. Werkzeuge, mit denen man in den Urlaub oder zum Einkaufen fuhr. Oder auch einfach nur zur Arbeit. Autos, die sich in die Herzen der Menschen geschlichen haben, weil sie während eines Lebensabschnitts einfach nur Begleiter waren.

Mehr als nur ein Auto

Doch eben weil so ein Alltagsauto einfach da ist, wird es irgendwann einfach ersetzt. Vielleicht, weil es zu viele Kilometer auf der Uhr hat. Oder weil ein schnelleres und neueres Auto her soll. Oder einfach ein anderes, das etwas mehr hermacht. Und erst, wenn das Auto weg ist, wird ihm nachgetrauert. Zumindest haben mir schon viele Leute, die einmal einen Golf 4 Variant hatten, zu meinem Auto gratuliert. „Gib den niemals her! Ich vermisse meinen!“, sagten sie. In den letzten sieben Jahren habe ich echt viel erlebt – wäre auch schlimm, wenn nicht. Aber besonders in letzter Zeit ist mir der tornadorote Kombi mit dem Schnurrbart an der Frontstoßstange noch einmal mehr ans Herz gewachsen. Er ist einfach da, wenn ich ihn brauche. Ob lange Strecken, ob kurze Tour zum Einkaufen oder zum Teilemarkt oder als Begleiter auf Steilküsten-Spaziergänge an der Ostsee: Harald ist einfach immer da. Für mich und alle seine Mitfahrer.

Und genau deshalb wird ihm das Schicksal so vieler Dailydriver bei mir auch erspart bleiben. Ich mag den alten Kombi einfach. Seine Treue, seine Zuverlässigkeit. Und noch mehr mag ich all die Geschichten, die ich mit dem Auto schon erlebt habe und verbinde. Vielleicht habe ich auch schon einmal mit dem Gedanken gespielt, ihn durch ein cooleres, größeres oder schnelleres Auto zu ersetzen – aber das wäre ja kein Dank für seine Treue. Und deshalb bleibt der rote Kombi auch bei mir. Und vielleicht überlegt ja auch ihr gerade, euer Alltagsauto durch ein anderes zu ersetzen. Aber denkt doch noch einmal drüber nach. Treue und zuverlässige Arbeiter finden sich nicht so leicht. Und wenn ihr euer Auto erst einmal ersetzt habt und es sich als Fehlkauf herausstellt, ist der treue Arbeiter wohl schon weg und begleitet andere Leute. Vielleicht sollte man das Alltagsauto als Kumpel ansehen. Man liebt ihn nicht, obwohl man weiß, dass er alles für einen tun würde. Also haltet euren Dailys die Treue und kümmert euch nicht um Wiederverkaufswert oder um die Meinung anderer Leute.

Genießt einfach die Freundschaft.

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

You may also like...

3 Responses

  1. Thorsten sagt:

    Hallo Lars,

    da ist was Wahres dran. Ich habe meine Caddys und den aktuellen Octavia immer als das wichtigste Auto betrachtet, weil er genau das zuverlässige Alltagswerkzeug ist. So zuverlässig, das man es eben auch kaum wahrnimmt. Sicher wurden die alle immer gewartet, aber meist auch eben nicht mehr. Leider ist irgendwann der Zeitpunkt der Trennung gekommen, manchmal plötzlicher als man es wünscht. Den ersten Caddy hat meine bessere Hälfte im Schneesturm zerlegt, er konnt nichts dafür und sie ist glücklicherweise heil geblieben, der zweite hatte keine Klima, die habe ich immer vermisst und dem nach 8 Jahren nachgegeben. Auch wenn der zwanzig Jahre alte Octavia 4×4 seinen Job wirklich gut macht, ich vemisse die flinken Hundefänger, weil sie einfach so unglaublich praktisch waren.
    Aber man kann auch nicht alles behalten. Ich war ja mal bei 16 Autos und bin froh, das es nicht mehr so ist.
    In diesem Sinne, hüte deinen Harald, er kann noch lange leben. Die Dauerhaltbarkeit des PD-TDIs kannst du übrigens mit den zusätzlichen PDE-Korpushaltern von 07Eins
    nochmal deutlich erhöhen, die ersparen dir irgendwann ausgeleierte PDE-Sitze.
    Eine nachträgliche Hohlraumkonservierung nimmt er auch nicht übel, die leiden immer mehr unter durchgerosteten Schwellern, fast immer von innen nach aussen.

    • Watt'n Schrauber sagt:

      Hey Thorsten,
      bei den Autos ticken wir ja ziemlich gleich! 🙂

      Tatsächlich habe ich von den PDE-Korpushaltern noch nichts gehört. Sind die schwer zu verbauen? Und lohnt sich die Nachrüstung? Ich habe gerade einmal geschaut – 300 Euro sind ja tatsächlich nicht ganz ohne. Hast du die an deinem Octavia verbaut? Schweller und co werden bei mir eigentlich jedes Jahr versiegelt – aber gut, dass du das sagst. Da muss ich dieses Jahr im Frühling auf jeden Fall noch einmal wieder dabei. Genauso beim V40.

      Harald wird auf jeden Fall noch ein langes Leben vor sich haben! 😉

      Liebe Grüße
      Lars

  2. thorsten sagt:

    Hey Lars,

    Wenn dein Motorölstand nicht steigt oder er sich nicht komisch anhört, würde ich es vorläufig nicht machen, der 1,9er ist da auch nicht so sensibel wie die Stirnrad-Fünfzylinder im T5. Falls der Deckel mal sabbert wäre das eine Option, schwer zu verbauen sind die nicht. Der Kunststaffventildeckel ist genauso wie die Abdichtung der Tandempume einer der Pferdefüsse am PD, da tropfen die gern mal. Beim Deckel ist dann meist der ganze Deckel fällig und ohne Silikonschmatze wird das fast nie dicht.

    Ich hab die in meinem nicht verbaut, der ist vermutlich karrosseriemässig aufgebraucht, bevor die Laufleistung erreicht ist. Ich fahre halt nur 17-20t pro Jahr und missbrauche den dank 4×4 auch gern mal im Wald. Bin jetzt bei 293t…

    Wenn mein französischer 240 D24 dieses Jahr irgendwann fährt, dann werden das voraussichtlich auch noch weniger Kilometer. Hab mir ja letztes Jahr ein rostfreies Osterei mit Motorschaden gegönnt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner