Ab auf den Schrott!
Nein, ich werde nicht meine geliebte Elsa wegschmeißen, im Gegenteil.
Ich möchte euch auf eine Reise in das Jahr 1993 mitnehmen. Nach MeckPom!
Wir schreiben das Jahr 1993. Es war draußen Sommerluft, meine Eltern hatten gerade Urlaub und ihren nagelneuen Passat Variant Diesel abgeholt. Eigentlich war es da doch mal passend, einen Gegenbesuch der schrottplatzbetreibenden Verwandtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu unternehmen. Also wurden die sieben Sachen in den Kofferraum des Passats geladen, nochmal schnell mit Diesel aufgetankt (war übrigens ein Saugdiesel mit 68 PS – so einen hätte ich heute gerne) und dann ging es auf die Reise in den von uns aus gesehenen Süden. Nagut, eigentlich ist fast alles von uns aus gesehen im Süden. Außer Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland und.. ääh, egal.
Die Autobahnen waren noch nicht so toll, die Wiedervereinigung war ja auch gerade erst drei Jahre her. Noch nicht mal drei Jahre, weil meine Eltern im Juli dorthin gefahren sind. Selbst vor drei Jahren, als ich mit meiner Mutter und zwei Verwandten nach Polen gefahren sind, sind wir über ein Stück Autobahn gefahren, die noch aus einer dunklen Zeit Deutschlands stammte. Eine echter Belastungstest für Stoßdämpfer. Die Betonbahnen (oder was davon noch über war) machten alle paar Kilometer immer „tong tong“, wenn man mit den Reifen über eine Rille fuhr. Würde zumindest müde Fahrer aufwecken. Aber das machen Schlaglöcher ja auch.
Die Verwandtschaft hatte sich 1990 mit einem Schrottplatz selbstständig gemacht. War wohl keine so doofe Idee, denn nach der Wiedervereinigung fanden viele ihren Trabbi oder ihren Wartburg gar nicht mehr so toll, schmissen ihn weg und kauften sich einen zurechtgespachtelten Golf oder Kadett oder kauften sich gleich einen neuen Mazda. Da machte sich der Schrottplatz wohl bezahlt. Trabant oder Wartburg wollten sie auch nicht mehr fahren. Man muss hier mal die Straßenszenen in Neubrandenburg angucken. Audi 100 neben Panda, Trabant und Dacia neben Nissan Sunny und Audi 80. Aber schon ziemlich selten, diese Trabants und die Dacias da. Die meisten wollten wohl ein „Westauto“ haben. Auf YouTube gibt es einige Videos dazu, wie die Leute damals wirklich alles kauften. Viele Händler nutzten das aus und verkauften aufgehübschten Schrott. Angeblich ist der Passat-Vorgänger von diesem silbernen Passat auch in die „neuen Bundesländer“ gegangen. Dieser Silberne fuhr bis 2007 noch in der Nachbarstadt herum mit dem alten Kennzeichen von damals. Dann war er weg.
Den Schrottplatz wollten meine Eltern sich damals unbedingt ansehen. Warum sie soviel Fotos vom Schrott gemacht haben? Das habe ich nicht gefragt.
Der Schrottplatz war – meine Eltern sind sich aber nicht mehr ganz sicher – auf einem alten LPG-Gelände. Das war wohl günstig zu bekommen und eine zweite Firma, die Dämmungsmaterial herstellte und verkaufte, kaufte sich dort wohl mit ein und man arbeitete nebeneinander her. Auf den Bildern kann man einmal schon den T3 für die Firma, den Rover des Chefs und den Passat meiner Eltern sehen. Eine riiiesige Halle. Wer von uns hätte das heute nicht gerne als kleine, private Schrauberwerkstatt? Die Halle hatte auch einen Betonfußboden, da könnte man nun prima eine Hebebühne draufstellen.
Der Abschleppwagen war damals schon recht alt, wurde aber wieder aufgehübscht. Was es für einer war, weiß ich nicht. Für einen Benz oder MAN ist mir die Kabine irgendwie zu rundlich. Ich habe mal nach „Robur Abschleppwagen“ gegoogelt und so einer könnte es gewesen sein. Mit silbernem Lack und roter Pritsche sieht der ja fast modern aus, deshalb bin ich nicht ganz sicher, ob ich den richtigen Laster ergoogelt habe. Die Form des Heckfensters würde auf jeden Fall passen. Kennt sich damit einer aus?
Als Hinweisschild stand an der Einfahrt zu dem Gelände ein alter, himmelblauer Trabant. Komisch, oder? Autos, auf die Menschen stolz waren, als sie die gekauft haben, wurden und werden einfach so weggeschmissen. Naja – „einfach so“ wohl nicht. Wohl eher, weil die in dritter oder vierter Hand runtergerockt wurden und einfach nur noch Mittel zum Zweck waren. „Ist ja nur ein altes Auto.“ Wobei man ja gar nicht weiß, wie alt der Trabbi hier ist. Ich kann es zumindest nicht erkennen. Vielleicht war es auch „nur ein Trabbi“ und der Ford Orion war ja soo ein gutes Angebot, dass man das alte, ehemalige Familienmitglied einfach abschiebt. Mir tut der kleine da irgendwie leid, wie er da in der Wiese liegt.
Der Betrieb war kein reiner Schrottbetrieb, sondern ein Verwerter. Sie haben die Autos auch auseinander gebaut und dann Teile verkauft. Platz genug zum Lagern war ja da. Auch Trabbis wurden auseinander gebaut. Und wenn ein Auto noch gut war, dann wurde es auch weiterverkauft, einige viele wurden wohl auch exportiert. Reparaturen wurden auch durchgeführt.
Auf den Bildern sieht man ja einen ziemlich traurig guckenden Dacia, einen Wartburg und einen alten Bus. Und viele Achsen! Einige Oldtimerbesitzer würden wohl heute noch einiges an Geld für solche Achsen ausgeben. Wobei… ich kenne die Preise nicht. Aber nicht nur verunfallte Trabants und Wartburg standen da – wenn man genau hinschaut, sieht man auch einen ausgeschlachteten T3, einen Honda, einen Ascona und einen alten Passat. Die hatten vielleicht einen Unfall oder waren schon so kaputt gerostet, dass es sich nicht mehr gelohnt hat. Stehen da einfach auf dem Gras herum. In den Hallen war doch wohl noch eigentlich genug Platz, denke ich mal.
In der Werkstatt stehen ein Kadett LS, ein BX und ein Audi Coupe. Da sieht man aber auch wieder ein kleines Regal mit verschiedenen Autoteilen drauf. Aber irgendwie keine Hebebühne? Naja, steht ja vielleicht wo anders.
Die meisten Autos hier auf den Bildern gibt es wohl nicht mehr. Der Passat meiner Eltern ist wohl im Autohimmel oder wurde exportiert. Von dem Schrottplatz ist heute gar nichts mehr übrig. Die Hallen vielleicht noch, aber ansonsten nichts mehr. Geht halt alles weiter. In zwanzig Jahren werden wir uns ja vielleicht ärgern, dass wir die Autos, die heute auf dem Schrott stehen, weggeschmissen haben.Es lohnt sich ja aber im Moment nicht mehr.
Und ein neuer Wagen ist doch auch irgendwie viel tollererer. Anscheinend.
Schöne aber auch wehmütige Bilder hast Du da in Deiner Sammlung! Der Reiz des Neuen ist ein Phänomen… „den schmeiss ich weg, der ist ja alt…“
Das werde ich mit meinen Autos bestimmt nicht machen ;-).
Aber wenn man sieht, was bei der Abwrackprämie 2009 alles über dern Jordan gegangen ist. Das ist schon nicht mehr feierlich gewesen, das wäre prima Autos für Fahranfänger heute. Aber die 2500€ vom Staat haben ja gelockt, selbst, wenn das Auto mehr wert war.
Und „Umweltprämie“ – naja. Alte Autos weiterfahren schon da die Umwelt doch mehr ;-).
Schöner Bericht und schöne Bilder Lars.Ich denke bei dem Abschlepper könnte es sich wirklich um einen Robur handeln,vielleicht einen aus der DDR typischen Modellpflege :-).Ich fand es damals schade,dass die Leute ihren Trabi auf den Sie 18 Jahre lang warten mussten und danach hegten und pflegten,einfach auf den Schrott oder an den Strassenrand stellten um sich einen verspachtelten Kadett oder Golf zu holen. Ich hoffe doch es gibt noch mehr Schrottplatzbilder 🙂
Freut mich, dass dir der Bericht gefällt. Bald geht es hier aber mit Volvos weiter ;-).
Die Modellpflegen waren schon toll, irgendwie. Selfmade-Facelift. Elsa hat ja auch sowas. Sie ist ja einer der letzten 444 und einer wollte wohl lieber einen 544, also bekam sie die Rückleuchten vom Nachfolgemodell. Und die bleiben dran. Einmal ist es Geschichte, einmal sind sie günstiger und einmal fällt es nicht auf ;-).
Schrottplatzbilder werde ich nochmal suchen, vielleicht finde ich noch etwas :-).
Ach Lars,mit Volvo’s habe ich kein Problem. Habe selbst mal einen 740’er gehabt in Bordellrot☺️.
Ich hoffe, davon gibt es Fotos :-).
Meine beiden Volvo dürfen sich heute sonnen. Frühling kommt anscheinend, juhuu! 😉
Leider nicht?