Praktisch, bewährt und erfolgreich, 40, sucht…

Sag doch einfach: Wir fahren Golf.

Dieses Jahr hat ein Auto seinen vierzigsten Geburtstag, dass vielleicht einige von euch schon geprägt hat. Zumindest hat wohl jeder schon mal Einen gesehen. Vielleicht sogar gefahren?

Es geht natürlich um den VW Golf.

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Golf. Vier bekannte Buchstaben.

VW baute lange Zeit meist nur luftgekühlte Auto. VW Käfer, den Bulli, Typ 3, Karmann Ghia und was noch so alles mit einem Wolfsburger Boxermotor betrieben worden ist. Anfang der siebziger Jahre konnte dieses Konzept, was zu dem Zeitpunkt auch bereits wirklich veraltet war, allerdings keine Käufer mehr wirklich beeindrucken. Viele ehemalige VW-Fahrer stiegen auf Fahrzeuge von Opel, Ford, Renault oder anderer Hersteller um. So auch mein Vater – ein Käfer sei nicht schlecht gewesen, so meinte er. Es sei günstig gewesen, ihn zu unterhalten und Reparaturen seien wirklich einfach auszuführen gewesen. Und man hatte ein Dach über dem Kopf. Wie es allerdings irgendwann so war – Papa sehnte sich nach einem Auto mit ordentlicher Heizung und kaufte sich einen neuen Simca 1000. Und der war sogar sportlich. Und genauso ging es eben vielen VW-Kunden, die anstatt eines Käfer sich vielleicht einen Kadett kaufen. Ein riesengroßer Flopp für VW. Mit der luftgekühlten Modellpalette konnten sie kein Geld mehr verdienen. Die Folge war eine Absatzkrise.

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Generation Golf.

Die Folge der drohenden Pleite war ein Überarbeiten des Konzeptes. Anstatt Heckmotor und Heckantrieb kam es nun zum Frontmotor und Frontantrieb. Und das Konzept wirkte. Neben dem Passat, der 1973 vorgestellt wurde, wurde auch der VW Golf zu einem riesigem Erfolg.
Genau heute, vor vierzig Jahren, am 29. März 1974 rollte der erste VW Golf aus den Produktionshallen in Wolfsburg und nun folglich am 29. März den 40. Geburtstag feiern. Was das wohl für ein Gefühl für die Mitarbeiter gewesen sein muss? Während sie vorher lange Jahre den technisch veralteten, aber kultigen Käfer zusammenschraubten, kam nun ein komplett neues Auto auf den Markt, in dem sie all ihre Hoffnungen gesetzt hatten.

Und diese Hoffnungen wurden auch bestätigt. Der Golf rettete VW. Bis heute wurden sieben Generationen gebaut und der Golf befindet sich weltweit auf dem dritten Platz der meist verkauftesten Autos. Hat sich der Schritt weg vom luftgekühlten Konzept also doch gelohnt, was? ;).

„Golf. Der Kompaktwagen von Volkswagen.“

Startschuss war natürlich die erste Generation des Golf – der Golf 1 (wäret ihr darauf gekommen? ;D). Dieser wurde als Limosine von 1974 bis 1983 in Deutschland gebaut – als Citigolf mit zahlreichen Veränderungen in Südafrika sogar bis 2009. Wenn ich meinen Eltern glauben kann (ich war damals ja eher noch nicht auf der Welt), fuhren früher massig viele Golf rum. Fast jeder in unserer Familie hat auch mal einen gehabt. Mein bereits verstorbener Onkel hatte einen der ersten Golf Diesel in knallgelb. Der Sohn von Papas damaligen Chefs hatte auch mehrere, wobei er einen Turbodieselgolf gewaltsam den Hals umdrehte. Unser Nachbar erzählt öfter mal stolz von seinem Golf, der Baujahr 1974 war. In grün, mit fünfzig PS, Talbotspiegeln und ganz viel Rost. Rost war bei der ersten Generation wirklich ein Thema. Die haben ohne Ende gerostet. Ein Bekannter von uns erzählte, dass der damals neue Golf 1 seines Vaters nach vier Jahren weggeschmissen wurde. Er war schlichtweg durchgefault und war nicht mehr zu gebrauchen. Aber welches Auto hat zu der damaligen Zeit nicht gerostet? Okay – einige vielleicht wirklich nicht so krass, wie der Golf. Da die Zeit sich wandelte, erhielt der Golf 1 1978 eine Überarbeitung, die ihm Plastikstoßfänger brachte und 1980 breitere Rückleuchten.

„999 996, 999 997, 999 998, 999 999 – eine Million!“

Trotz des Rostes verkaufte sich der Golf wirklich gut, was vielleicht auch am Design von Giugiaro lag. In 31 Monaten wurden schon eine Million Golf gebaut. War es ein Auto, worauf die Menschen gewartet haben? Mein Vater hat den Golf-Kult übrigens zur damaligen Zeit nicht mitgemacht. Er ist erst 2008 darauf gekommen, einen Golf zu kaufen. In Silber, als Kombi. Langweilig, oder? Gebaut worden ist der übrigens in Mexico – war also nicht mal ein Golfsburger Wolf. Ähm?

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Das war einmal. Mexico!

Ganz und gar nicht langweilig war der Grand Tourisme Injection (oder kurz: GTI) – die schnelle Version des Golfs. Dieser wurde zusammen mit dem Sparfuchs, dem Golf 1 Diesel, 1976 vorgestellt und entwickelte sich als Traum der schlaflosen Nächte einiger junger (und vielleicht auch älterer) Menschen. Er besaß einen 110 PS-Motor aus dem Audi 80 GTE und, wie der Name schon sagt, eine mechanische Einspritzanlage, die K-Jetronic von der Firma Bosch. Die 110 PS hatten mit dem Leergewicht des Golfes über 810 kg ein leichtes Spiel und erziehlten Fahreigenschaften, die ich heute noch erstaunlich finde. Unser 70-PS-Vergaser-Cabrio ist schon flott.

Apropos Cabrio. Der aufgeschnittene Golf 1 wurde von 1979 bis 1993 gebaut – es überdauerte also sogar die Lebenszeit des Golf II (welcher von der Qualität wesentlich besser wurde, als der Golf 1). Dieses Cabriolet, von welchem wir ja nun auch eines unser Eigen nennen, war das erste Cabrio mit Überollbügel, welcher später von anderen Herstellern auch bei Cabrio angewendet wurde. Käfer-Cabrio-Fans, die ja überrollbügelfreie Cabrios gewohnt waren, mochten den aber ganz und gar nicht. „Erdbeerkörbchen“ war noch eine niedliche Beschreibung. „Griff zum Wegschmeißen“ war da schon eher etwas gemeiner.

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Unser. Und offen.

In der „Schwarzwaldklinik“ wurden auch einige Golf Cabriolets gefahren – lustigerweise war die Erstbesitzerin unseres Cabrios auch eine Ärztin. Heute entwickelt sich das Cabrio gerade im unverbasteltem Zustand immer mehr zu einem Kultobjekt. Aber nicht nur das Cabrio – auch der Golf ansich. Habt ihr schon mal gesehen, wie teuer gute Golf 1 geworden sind? Das tut teilweise schon weh. Gerade GTI (oder Sondermodelle wie Pirelli-GTIs) sind irsinnig teuer. Das Cabrio gab es zu Anfang übrigens als GLi – da hatte das Cabrio dann den GTI-Motor drin. Unser 70-PS-Vergaser-Cabrio war da eher das Kassenmodell.

Aber nicht nur das Cabrio gab es. Es gab auch hübsche Ableger wie den VW-Scirocco, der dieses Jahr ebenso seinen vierzigsten Geburtstag feierte. Ein Schulkollege von Papa auf der Technikerschule hatte einen. In Orange. Papa fuhr damals mit seinem Simca 1000, der bald schon stark anfing zu rosten, durch Hamburg, während sein Schulkollege mit dem Scirocco GLi schon mächte Eindruck schinden konnte. Man musste ihn allerdings auch fahren können. Irgendwann hatte er einen Unfall damit. Danach bekam er von seinen Eltern einen Golf Diesel mit 54 PS. Erziehungsmaßnahme. Der Scirocco war übrigens nicht nur recht hübsch anzusehen (und recht hübsch am Rosten), sondern auch relativ praktisch. Jeremy Clarkson, der berühmte Motorjournalist, hat sogar einen Scirocco der ersten Generation gefahren – als GLi. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass er in einem Jahr 54 000 Meilen damit fuhr. Anscheinend war er ja damit zufrieden. Eine zweite Generation des Sciroccos gab es auch, die, soweit ich weiß, auch auf dem Golf 1 basierte.

Übrigens – es gab auch einen Rucksackgolf. Den Jetta. Dieser wurde, wie das Cabrio, ab 1979 gebaut. Das Auto ist nun, sagen wir mal, ein wenig langweilig gestaltet wurden. Die meisten Käufer eines Jettas waren wohl eher ältere Semester. Eine Arbeitskollegin von Mama fuhr mal einen nagelneuen, weißen Jetta 1 als Zweitürer – und der fährt beim Zweitbesitzer heute noch ein wenig patiniert mit Kantenrost an den Türen in der angrenzenden Kleinstadt. Damals war der Jetta wohl eher spießig – ich finde ihn heute cool. Gerade, weil er damals nicht cool sein wollte. Wahrscheinlich hat er immer noch nicht viele Anhänger, wie eigentlich viele Stufenheckfahrzeuge von VW, wie der Santana oder der Derby – und gerade das finde ich toll. Der Golf hat viele Anhänger und es fahren ja auch noch relativ Viele herum, was für viele wohl auch ein Grund ist, keinen Golf zu fahren – viel zu mainstream. Der Jetta hingegen hat wohl kaum eine Gemeinschaft, die ihn liebt. Bin ich da der Einzige? Einen Jetta der zweiten Generation fährt noch eine Freundin meiner Oma. Viel „cooler“ wollte der auch nie sein. Aber ich finde den trotzdem toll. Er will nicht auffallen – aber irgendwann wird es keine mehr geben. Wann habt ihr das letzte Mal einen gesehen?

Seit 1983 gibt es auch einen Transport-Golf. Den Caddy. Dieser wurde ursprünglich als Rabbit Pickup für den amerikanischen Markt entwickelt, gewann aber auch in Europa Anklang. Beliebt und teuer ist vor allem der „VOLKSWAGEN“-Schriftzug in der Heckklappe, der gerne von Tunern als Einschweißblech benutzt wird. Warum eigentlich?

Apropos Tuner – wie viele andere Auto, gibt es einen großen Kult darum, den VW zu individualisieren. Ob und wem das nun gefällt und ob das Not tut, sei jedem selbst überlassen. Einmal im Jahr gibt es auch am Wörthersee ein großes Treffen, wo verschiedene Tuningfreunde hinfahren und sich die verschiedensten Autos anschauen. Ein Golf II wurde dort sogar in Stein gemeißelt.

Für mich selbst ist der Golf schon etwas besonderes. Einmal, weil Henkelmännchen unser erstes altes Auto war – und ich mag ihn. Nicht nur der Golf 1 gefällt mir, sondern auch der Golf II wird, so denke ich, zumindest irgendwann zu einem Kultauto, auch, wenn man momentan noch günstig rankommt. Bei mir im Jahrgang wird auch noch ein Golf II gefahren. Ungepflegt, ungeliebt – aber er fährt zuverlässig und rostet nicht, was ich zumindest erkennen kann. Bei einem Golf 1 wäre zumindest das letzte wohl nicht eingetreten.

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Die ersten Autos.

Und heute? Heute ist der Golf auch noch in allen möglichen Variationen und Zuständen unterwegs. Ob Hochglanzpolierter Golf 1, mattfolierter Golf VII GTD, Golf III Variant des Rentners um die Ecke oder der Basis-Golf-IV in silber mit „Hello Kitty“-Aufkleber, der als erstes Auto einer jungen Dame dient. Mein Kumpel H. fährt auch einen Golf – einen Golf VI TDI. Und mein Kumpel T. hatte mal einen Golf IV, den er aber bald gegen einen Audi A6 tauschte. Auch ansonsten ist der Golf noch das häufigst vertretende Auto auf dem Schulparkplatz. Anscheinend doch ein Kultauto, oder?

Golfs finde ich auch nicht hässlich oder doof – okay, unser Golf Variant brachte nun nicht so die Emotionen, wie der jetzige Passat. Aber einen GTI oder GTD finde ich toll. Nur würde ich die Bezeichnungen entfernen – man muss nicht immer zeigen, was man hat. Ansonsten ist der Golf II meiner Meinung nach ein günstiger Einstiegsyoungtimer. Teile sind wirklich günstig! Ich glaube, ich sollte nun nicht bei mobile.de schauen… Aber keine Sorge. Elsa und mein V40 bleiben bei mir.

Was verbindet ihr mit dem Golf? Euer erstes Auto? Hatte ihr irgendwann einmal Einen? Oder war er euch zu mainstream?

Watt'n Schrauber

Autoverrückt, restauriert einen Buckelvolvo mit wenig Budget, mag Fotografieren, Tanzen und ist manchmal wohl ein wenig durcheinander. Und mag Norddeutschland.

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No Responses

  1. Giovanni sagt:

    Das ist aber auch ein schönes Golf Cabrio – erst recht mit genau DIESEM Verdeck

    Cari saluti, Giovanni 🙂

  2. El Gigante sagt:

    Oh, oh… Du willst Dich doch sicherlich NICHT mit einem K70-Fan und Fahrer anlegen?

    Etwas Geschichte…

    Zunächstmal stimmt es, dass VOLKSWAGEN Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre ein Problem mit seiner Produktpalette hatte. Wie Du ebenfalls richtig beschreibst, fehlte dem Konzern ein Anschlußkonzept nach dem bis dahin bewährten luftgekühlten Heckboxer.

    Durch Zufall sollte sich das aber ändern. Bei der Übernahme des baden-württembergischen Fahrzeugherstellers NSU fiel VOLKSWAGEN neben dem wankelmotorgetriebenen Ro 80 auch der gerade verkaufsbereite K70 in die Hände. Sowohl dem Druck der Medien als auch der ehemaligen NSU-Mitarbeiter ist zu verdanken, dass sich der damalige VW-Vorstand sehr widerwillig breitschlagen ließ, den K70 zu bauen. Sie haben ihm in Salzgitter sogar eigens ein Werk errichtet. Ab 1970 wurde er schließlich dort produziert.

    Leider fehlte aber die Leidenschaft. Zu sehr hing man noch immer am luftgekühlten Boxer-Konzept. Zeitgleich stand nämlich auch noch der 411 (später 412) in den Verkaufsräumen. Da der K70 ein Kind aus dem Hause NSU war, konnte er zudem nicht mit Ersatzteilen aus dem VW-Konzern-Regal bedient werden. Deshalb ließ man ihn 1975 nach etwas über 250.000 Einheiten sterben.

    Doch irgendwie musste es weitergehen. Die inzwischen verjüngte VW-Vorstands-Etage hatte begriffen, dass man ein frisches Fahrzeugkonzept erdenken musste. Die alte Produktpalette hatte VOLKSWAGEN nahe an den Abgrund gebracht. Man nutze also die mit dem K70 erhaltenen Frontantriebserfahrungen und baute darauf auf.

    Auch von der Entwicklung bei Konzerntochter Audi konnte man profitieren. Deshalb ähnelten sich Audi 80 und Passat, Audi 50 und Polo. Für das Volumenmodell Golf gab man sich besondere Mühe und beauftragte namhafte Entwickler. Aber auch Glück spielte bei seiner Einführung eine entscheidende Rolle. So wurde er fast im letzten Moment zum erfolgreichen Retter des VOLKSWAGEN-Konzerns.

    ABER… als eigentlichen Wegbereiter dieser neue Epoche (weg vom luftgekühlten Boxermotor – hin zum wassergekühlten Reihenvierzylinder) sollte man getrost den K70 bezeichnen! Was Recht ist, sollte auch Recht bleiben.

    • Hey El,
      natürlich will ich mich nicht mit einem K70-Fan angelegen. Ich bin ja selbst dem kantigen Stufenheck nicht abgeneigt. Wie du sagtest, war der K70 ja eine NSU-Entwicklung, deshalb habe ich ihn hier eigentlich nicht erwähnt. Aber du hast recht – als Vorlage für Passat, Golf und co. muss man den K70 ehren. Was das für eine Umstellung gewesen sein muss – vom 34-PS-Käfer auf einen 100-PS-K70. Stell dir das mal vor 😉

      • El Gigante sagt:

        Hi Lars,

        na ja – die 100 PS-Variante ist ja erst 1973 im Sondermodell LS verbaut worden. Bis dahin hatten die K70 „nur“ 75 bzw. 90 PS.

        Die Maschine stammt in ihrer Grundform übrigens vom NSU 1200 – dort noch luftgekühlt. Für den K70 hat man ihn eigens auf Wasserkühlung umgestrickt. Deshalb war mit dem 100-PS-Motor auch ein Ende der Möglichkeiten erreicht: man hatte den 1600ccm-Motor bis an seine Grenzen auf 1800ccm aufgebohrt. Das machte die Maschine anfälliger. Sie hat bspw. gern thermische Probleme d.h. sie überhitzt gern. Ein besonderer Ausbund an Temperament, Leistung und Sparsamkeit ist er zudem auch nicht. Der ca. 1.500,- DM teurere LS mit 100 PS (1973: 11.000,- DM) beschleunigt nur 0,3 Sekunden früher auf 100 km/h, ist mit 162 km/h Spitzengeschwindigkeit nur 3 km/h schneller und verbraucht offiziell die gleiche Menge SuperPlus – nämlich 13,5 Liter/100km – im Vergleich zur 90-PS-Version.

        Im Vergleich zum 34-PS-Käfer sind das natürlich Welten – aber ein Käfer ist ja auch eine ganze Autogeneration älter.

        Ach ja… und der K70 als NSU-Entwicklung: als klar war, dass der K70 von VW gebaut werden sollte, haben sich ganze Heere von VW-Ingenieure über die NSU-Prototypen hergemacht. Sie hatten die Aufgabe, die NSU-Entwicklung auf VW-Niveau zu bringen. Von den Maßen der Räder (NSU plante 13-Zoll-Felgen, VW änderte auf 14-Zöller), über tiefgreifende Veränderungen am Motor (NSU wollte einen zweigeteilten Zylinderkopf – VW nahm einen einteiligen Zylinderkopf) oder den Spaltmaßen (die damals ehedem Galaxien von den heutigen Toleranzen entfernt waren) bis hin zu hochwertigeren Oberflächen im Innenraum, blieb nur noch wenig vom ehemaligen NSU-Entwurf.

        Von daher gehört der K70 sehr eindeutig zu VW – auch wenn er gern als „Stiefkind“ oder „geschenkter Gaul“ bezeichnet wurde. Leider ist er damals halt sehr halbherzig behandelt worden… weshalb er auch heute noch von VOLKSWAGEN sehr gern unter den Tisch gefallen lassen wird.

        Dafür kämpft der 1. Internationale K70-Club um den Erhalt und Ruf dieses einzigartigen Autos. Wenn wir im Konvoi irgendwo auftauchen bleiben immer häufiger Passanten stehen und sagen „Guck mal – ein K70! So einen hatten wir auch mal – DAS war ein tolles Auto!“

        Jeder K70 trägt die Geschichte, schon fast einen Mythos – zumindest eine Legende, die ich in meinen beiden Kommentaren in Deinem Blog erzählt habe in sich – allein deswegen lohnt es sich, ein solches Auto zu besitzen/fahren.

        Deshalb bin ich auch der 2. Vorsitzende des 1. Internationalen K70-Club e.V. und besitze einen 90-PS-K70 L aus Juni 1973 und einen 100-PS-K70 LS aus Herbst 1974.

  3. Hey El,

    leider kann ich nicht direkt antworten, deswegen schreibe ich mal hier ;).

    Ist immer interessant, wie sie Sachen damals gelöst haben. Also „lohnte“ sich deiner Meinung nach der 100-PS-K70 gegen den 90-PS-K70 gar nicht? Der schien ja wesentlich ausgereifter zu sein. Haben die werten VW-Ingenieure damals denn überhaupt nicht an Hohlraumversiegelungen gedacht? Ist ja schon schade, dass so viele von den stufigen Mobilen verschwunden sind.

    Es ehrt euch, dass ihr für den Erhalt und den Ruf des K70 kämpft. So gehört sich das! Und es ehrt dich auch, dass du zwei der seltenen Limosinen dein Eigen nennst. Eine Legende kann zumindest von emotionaler Sicht aber fast jedes Auto werden – technisch gesehen gehört er K70 aber wirklich zu den „Technik-Legenden“.

    Bald ist ja wieder Saison – hab viel Spaß mit den beiden und mit dem, was noch alles auf dem Hof steht ;-).

    Schöne Grüße
    Lars

    • El Gigante sagt:

      Hi Lars,

      die 100-PS-Version war ein rein taktischer Marketingzug von VOLKSWAGEN. Die Masse der für den Strassenverkehr zugelassenen K70 bis Baujahr 1973 waren nämlich 90-PS-Fahrzeuge. Deren Durst (vom Werk mit 13,5 l/100 km angegeben… in der Realität ging da auch DEUTLICH mehr durch!) passte nicht so recht zur abgegebenen Leistung. Daran waren allerdings auch ein paar Designsünden schuld: der cW-Wert, u.a. ein Maß für die Windschlüpfrigkeit einer Karosserie, litt unter der Kantigkeit des Bugs. Viele potentielle K70-Kunden störte zudem das biedere, schlichte Design ohne viel Chrom und Pomp – der K70 galt damit als konservative Familienkutsche.

      Deshalb versuchte man mit einer etwas krawalligeren LS-Version ab 1973 auch die Kunden sportlicher Fahrzeuge anzusprechen. Dazu bestückte man den K70 mit einem 100-PS-Motor, einem etwas sportlicheren (höhere Drehzahlen [100PS bei 5300/min statt 90PS bei 5200/min] und mehr Drehmoment [152 Nm bei 3750/min statt 134 Nm bei 4000/min] bedingenden) Getriebe, etwas breiteren Reifen auf Alufelgen und verpasste dem Sondermodell eine Kriegsbemalung aus schwarzen Rallystreifen und einem mattschwarzen Heck. Dieses Sondermodell gab es nur in den Farben Sonnengelb und Marathon-metallic (… jetzt rate doch mal, welche Farben meine K70 haben :-)).

      Zur gleichen Zeit, im Herbst 1973, erlebte auch Deutschland die erste Ölkrise mit bis zu 70% gestiegenen Spritpreisen, vier Sonntagsfahrverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen (Autobahn 100 km/h, sonst 80 km/h). Nicht unbedingt optimale Bedingungen für Hochgeschwindigkeit und automobile Trunksucht, gelle?

      Dass Automobile aus jener Zeit schlecht gegen Rostbefall geschützt waren, liegt generell an damals noch nicht erfundenen und erdachten Vorsorgemaßnahmen. Bei der Restauration meiner Autos ist mir immer wieder aufgefallen, dass Karosserien oftmals konstruktiv regelrecht zum Rosten verurteilt waren. Manchmal scheinen diese Rostherde von den Ingenieuren absichtlich in die Fahrzeuge hineinkonstruiert… um die Langlebigkeit zu verkürzen, denn irgendwann wollte man schließlich auch noch mal wieder ein neues Auto verkaufen. Erst als Autos in der Anschaffung sehr viel teurer wurden, konnte man den Kunden keine unversiegelten Karosserien mehr zumuten – man MUSSTE sich um effektive Rostschutzmaßnahmen kümmern. Außerdem kategorisierte die Kundschaft Automarken nach ihrem Rostverhalten – war der Ruf als typische „Rostkarre“ erstmal ruiniert, war es für die Marke außerordentlich schwer, wieder ein rostfreies Image zu erlangen.

      Ein gutes Beispiel für das rechte Maß an Rostschutzvorsorge ist übrigens der VW Golf II.
      Da es beim Golf I bekanntlich extreme Rostprobleme gab, bemühte sich VW, es beim Nachfolger Anfang der 80er Jahre viel besser zu machen: man flutete die Karosserien förmlich mit Hohlraumwachs.

      Diese Fahrzeuge treten momentan in den Oldtimerstatus ein. Die Qualität ihrer Karosserien ist dank Rostvorsorge deutlich besser, als die der Golf I-Generation. Ich kenne viele Golf II, an denen noch heute die typischen Wachsstreifen am Heckblech zu sehen sind: Zeugnis von viel zuviel Wachs in der Heckklappe, das dann bei Sonnenbestrahlung und entsprechender Erwärmung seinen Einsatzort nach unten über das Blech verlassen hat. Hauptsache kein Rost!

      Beim Blick unter einen entfernten vorderen Golf II-Kotflügel lässt sich das Zuviel an Wachs jedoch übrigens oftmals sehr gut begründen: Wachs, wohin das Auge blickt – und kein bzw. kaum Rost. Na bitte – geht doch!

      So – genug klug geschnackt! 😉
      Andreas

      • Ich hätte ehrlich gesagt gedacht, dass der K70 ein wenig weniger verbrauchen würde. Aber gut – im Herbst 1973 fuhr mein Vater noch Käfer und meine Mutter den Kadett von Opa. Ob die nun soviel weniger durstig waren (gerade der Käfer) glaube ich nicht.

        Mit der Rostkarre hast du recht. Stichwort „Opelgold“ – das wird Opel bestimmt noch die nächsten Jahre weiterhin nachhängen, obwohl die heute, meiner Meinung nach, wirklich keine schlechten Autos bauen. Als ich den Meriva unserer Nachbarin mal gefahren bin, war ich sehr positiv überrascht.

        Die VWs der 80er Jahre – seien es Polo, Passats, Golfs oder sonstwas – sind von der Haltbarkeit wohl eh unter anderem die Besten. Der Polo 86C 2F soll recht gut sein – genauso der Passat 32b und der 35i. Der 32b wurde viel runtergeritten – aber ansonsten sieht man ja noch recht viele 35i, Golf II und Polos fahren. In den Neunzigern ging dann durch die Sparpolitik die Qualität wieder runter. Zum Glück nicht für immer.

        Irgendwann…. dann wird ein Golf II bei mir einziehen. Und ein Passat 32b. Aber dann so, wie meine Eltern ihn mal gefahren sind. Diesel. 54 PS. 😀
        Schöne Grüße
        Lars

  4. El Gigante sagt:

    Nochmal Hi,

    Thema Verbrauch eines K70: es ist ja noch nie ein Geheimnis gewesen, dass der Verbrauch zum wesentlichsten Teil vom Fahrstil abhängt.

    Wenn ich mir dazu so manchen Werbefilm oder viele Fahrzeug-Dokumentationen anschaue… stellen sich mir die Nackenhaare auf! Besonders Journalisten (egal ob der schreibenden oder filmdrehenden Zunft angehörig) holzen mit Autos herum, dass es nur so kracht… und verkaufen dieses Geheize gern als normale Nutzung. Kein Wunder also, dass die Herrschaften die Fahrzeuge als absolute Saufziegen erleben.

    Mir ist es vor einiger Zeit mit dem ach so trinkfreudigen 90-PS-K70 gelungen, knapp unter 7 Liter auf 100 Kilometern zu konsumieren. Ich gebe zu, dass ich dazu extrem verhalten gefahren bin. Anderenfalls begnügt sich das gleiche Fahrzeug mit 8 bis 8,5 Litern. Es geht also! Man muss es nur wollen.

    14 Liter – ich habe sogar schonmal jemanden von 17 Litern reden hören – habe ich beim besten Willen noch nicht durch den K70-Schlund geflößt.

    Andreas

    • Hey Andreas

      mit dem Fahrstil hast du recht. Ich fahre meinen V40 übrigens einen halben Liter unter Werksangabe. Und dabei krieche ich nicht. Übrigens – im Gegensatz zu meinem Vater verbrauche ich mit dem Cabrio auch nur 7.5 Liter – mein Vater braucht 8 Liter. Und dabei jage ich nicht.

      Mein V40 wird übrigens auch immer brav warm gefahren. Nach zehn Kilometern ist das Öl warm. Mein Schulweg ist 12 Kilometer 😉

      Lars

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